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Radtour 2011: Cluj-Napoca (Klausenburg) - Istanbul


Tour-Daten der 14. Etappe:

Zeitraum: 28.07.2011 - 21.08.2011, davon 22 Fahrradtage
Streckenlänge: 2165 km, Gesamtanstieg: 13565 hm


Einzeletappen:

*** Flug von Frankfurt nach Cluj-Napoca (Klausenburg) - (Anfahrt zum Hotel: 9 km) *** - Hotel Delaf
1. Tag: Cluj-Napoca (Klausenburg), Mociu, Camarasu, Silivasu Campie, Urmenis, Craiesti, Faragau, Breaza, Reghin (Sächsisch Regen) - 110 km, 1025 hm, max.: 496 m ü. NN - Hotel Marion - gpsies.com
2. Tag: Reghin (Sächsisch Regen), Ideciu de Jos, Alunis, Deda, Rastolita, Lunca Bradului, Stanceni, Toplita, Borsec - 100 km, 980 hm, max.: 1109 m ü. NN - Pensiunea Silvanus - gpsies.com
3. Tag: Borsec, Corbu, Tulghes, Grinties, Pipirig, Vanatori-Neamt, Targu-Neamt - 97 km, 600 hm, max.: 910 m ü. NN - Pensiunea Aristocratis - gpsies.com
4. Tag: Targu-Neamt, Motca, Pascani, Ruginoasa, Targu Frumos, Baltati, Podu Iloaiei, Letcani, Iasi - 126 km, 650 hm, max.: 452 m ü. NN - Hotel Astoria - gpsies.com
5. Tag: Iasi, Schitu Duca, Ciortesti, Cozmesti, Averesti, Husi - 79 km, 980 hm, max.: 380 m ü. NN - Pensiunea Dobrina - gpsies.com
6. Tag: Husi, Albita, Leuseni, Hincesti, Codru, Chisinau - 107 km, 1120 hm, max.: 308 m ü. NN - Hotel Villa Arus - gpsies.com
7. Tag: Chisinau, Tintireni, Bulboaca, Tighina, Tiraspol - 77 km, 320 hm, max.: 162 m ü. NN - Hotel City-Club - gpsies.com
8. Tag: Tiraspol, Pervomaisc, Kuchurghan, Paliivka, Odessa - 108 km, 380 hm, max.: 130 m ü. NN - Hotel Central - gpsies.com
9. Tag: Odessa, Zatoka - 73 km, 280 hm, max.: 59 m ü. NN - Poseidon Hotel - gpsies.com
10. Tag: Zatoka, Tatarbunary - 97 km, 300 hm, max.: 41 m ü. NN - Tatarbunary Hotel - gpsies.com
11. Tag: Tatarbunary, Kiliia, Izmail - 110 km, 200 hm, max.: 52 m ü. NN - Izmail Hotel - gpsies.com
12. Tag: Izmail, Orlivka, Reni, Giurgiulesti, Galati - 97 km, 190 hm, max.: 85 m ü. NN - Vega Hotel - gpsies.com
13. Tag: Galati, Garvan, Isaccea, Somova, Tulcea - 84 km, 540 hm, max.: 163 m ü. NN - Hotel Delta - gpsies.com
14. Tag: Tulcea, Agighiol, Sarichioi, Enisala, Jurilovca, Gura Portitei - 60 km, 370 hm, max.: 134 m ü. NN - Eden Holiday Village - Gura Portitei - gpsies.com
15. Tag: Gura Portitei, Jurilovca, Ceamurlia de Jos, Istria, Sacele, Corbu, Navodari, Constanta - 87 km, 260 hm, max.: 111 m ü. NN - Hotel Cherica - gpsies.com
16. Tag: Constanta, Techirghiol, Pecineaga, Mangalia, Vama Veche, Durankulak - 92 km, 280 hm, max.: 88 m ü. NN - Birding Lodge - gpsies.com
17. Tag: Durankulak, Nejkovo, Vidno, Vranino, Kavarna, Tuzlata, Momcil, Albena, Kranevo, Zlatni pjasaci, Cajka, Varna - 93 km, 580 hm, max.: 154 m ü. NN - Graffit Gallery Hotel - gpsies.com
18. Tag: Varna, Asparuhovo, Priselci, Staro Orjahovo, Djulino, Panicovo, Orizare, Nessebar - 110 km, 1140 hm, max.: 434 m ü. NN - Boutique Hotel St. Stefan - gpsies.com
19. Tag: Nessebar, Kableskovo, Burgas, Marinka, Novo Panicarevo, Jasna poljana, Primorsko - 95 km, 630 hm, max.: 180 m ü. NN - Guest House Extasy - gpsies.com
20. Tag: Primorsko, Pismenovo, Vizica, Malko Tarnovo, Dereköy, Kirklareli - 130 km, 1450 hm, max.: 685 m ü. NN - Akkus Kaya Hotel - gpsies.com
21. Tag: Kirklareli, Cerkezköy - 99 km, 650 hm, max.: 328 m ü. NN - Golden Palas Hotel - gpsies.com
22. Tag: Cerkezköy, Istanbul - 134 km, 640 hm, max.: 239 m ü. NN - Hotel Novotel Istanbul - gpsies.com
*** Besichtigungstag in Istanbul *** - Hotel Novotel Istanbul
*** Rückflug von Istanbul nach Frankfurt, anschließend Weiterreise nach Bochum bzw. Stuttgart - (Anfahrt zum Airport: 14 km) ***


Tourkarte:


Tourbericht:

Die Startbedingungen in diesem Jahr sind miserabel. Als ich an diesem Donnerstag Morgen bei wetter.com nach dem Wetter der nächsten zwei Tage für Cluj-Napoca schaue, bekomme ich einen Schrecken. Für unsere ersten beiden Fahrradtage ist starker Regen bis 30 mm vorhergesagt. Was für ein Dämpfer!

Gegen 11 Uhr mache ich mich mit dem Zug auf den Weg von Bochum nach Frankfurt, wo ich Marion und Falko treffe. Auch in diesem Jahr reisen wir wieder mit dem Flugzeug an unseren Startort. Der Flug verläuft problemlos und unsere Fahrräder kommen unversehrt in Cluj-Napoca an. Gegen 22 Uhr verlassen wir den Flughafen. Etwa 7 km müssen wir jetzt noch in die Innenstadt zu unserem Hotel radeln. Die vorgeplante Route wird uns recht schnell etwas unheimlich, so dass wir uns nach knapp 2 km doch für den kürzesten Weg über die Hauptstraße entscheiden. Google-Maps hatte den Straßenstrich leider als gewöhliche Straße ohne besonderen Hinweis ausgegeben.

--- 1. Tag ---

Beim Aufstehen erwartet uns am nächsten Morgen leichter Regen, der jedoch glücklicherweise bis zu unserem Aufbruch nach dem Frühstück aufhört.

Bevor es los geht, kaufen wir im benachbarten Supermarkt noch ein paar Getränke und eine Notration Kekse ein. Das offizielle Startfoto schießen wir vor dem Hotel (Bild).

Um im Berufsverkehr die stadtauswärts führende Hauptstraße zu vermeiden, begeben wir uns auf eine schlecht geschotterte Piste neben den Bahngleisen. Hier müssen wir einige große Pfützen umfahren. Falko muss sich erst wieder an das Radfahren mit Gepäck gewöhnen. Einmal kann er gerade noch rechtzeitig vom Fahrrad abspringen, um nicht selbst in der Pfütze zu landen. So erwischt es nur seine Fahrradtasche.
Nach der Stadtausfahrt müssen wir nur wenige Kilometer der Hauptstraße folgen, ehe wir auf die kaum befahrene Nationalstraße 16 nach Reghin abbiegen. Die Orientierung fällt heute leicht, wir müssen nur der Beschilderung folgen.

Schwieriger als für den Einstieg gedacht, ist allerdings der Streckenverlauf. Nach jedem Hügel folgt ein weiterer Hügel und die Höhenmeter addieren sich schneller als wir in die Pedalen treten können. Wir befinden wir uns ja schließlich auch am Fuß der Ostkarpaten.

Am Wegesrand entdecken wir einige kleinere Ansiedlungen mit einfachen Häusern (Bild).
Kurz vor dem Mittag fängt es leicht an zu tröpfeln, doch bei der schwülwarmen Temperatur ist das gar nicht mal so unangenehm.

Restaurants haben wir an der Strecke nicht gesehen, für unser Mittagessen suchen wir daher einen kleinen Verkaufsladen mit Sitzecke auf. Es gibt Brot, Käse und Schokoriegel zum Nachtisch.

Mittlerweile nimmt der Regen etwas zu. Zur Weiterfahrt ziehen wir die Regenjacken an (Bild).

Doch wir haben Glück. Bereits nach einer guten halben Stunde sind wir dem leichten Regen davon gefahren, und wir können die Regenjacken wieder ausziehen. So viel vorweg: es war der letzte Einsatz der Regenjacken in diesem Urlaub, die schlechte Wettervorhersage hatte somit Unrecht.
Der ursprüngliche Charakter Rumäniens hatte uns im letzten Jahr schon gut gefallen, und auch dieses Jahr werden wir nicht enttäuscht. Schon am ersten Tag begegnen wir einigen Pferdekarren (Bild), bestaunen die handbetriebenen Trinkwasserbrunnen in den Vorgärten und wundern uns über die Männer, die mit großer Sense zur Feldarbeit gehen.
Wir fühlen uns einige Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt. Neben einfachen Wohnhütten in den ländlichen Gegenden fallen uns mit zunehmender Nähe zum regionalen Zentrum Reghin auch einige recht schmucke Häuser der städtischen Bevölkerung auf (Bild).

In Reghin gibt es eine Pension Marion. Da haben wir beim Auswählen des Übernachtungsortes nicht lange überlegt und uns gleich dort einquartiert. Die Pension liegt etwas außerhalb und wir müssen noch einige Meter bergauf über einen Waldweg zurücklegen. Die Pension macht von außen einen schönen Eindruck, doch die Sauberkeit der Handtücher hält nicht ganz den Erwartungen stand. Dennoch sind wir zufrieden und essen gut zu Abend.
--- 2. Tag ---

Dass wir gleich am zweiten Tag verschlafen ist noch nie passiert, aber heute. Zum Glück verlieren wir nur eine halbe Stunde. Der Wecker war noch so programmiert, dass er zwar immer zur gleichen Zeit bimmelt, aber leider nicht am Wochenende. Und heute ist Samstag.

Wir holen die verlorene Zeit beim Frühstück wieder auf und haben vor der Abfahrt noch genügend Zeit für ein Foto vor dem Hotel Marion.
Aufgrund der guten Erfahrung gestern entscheiden wir uns für die Nationalstraße 15 nach Toplita. Eine Variante über kleinere, in der Landkarte weiß markierte Straßen verwerfen wir aus Sorge vor schlechtem Untergrund.

Auch heute haben wir Glück: die Straße ist kaum befahren und führt landschaftlich recht schön immer am Fluss entlang (Bild). Dabei geht es stetig leicht bergauf, schließlich müssen wir heute ja noch den Borsec-Pass überwinden, den höchsten Punkt unserer diesjährigen Tour.
"Schlafender Bauarbeiter".

Doch wir möchten ehrlich sein: Bei der Vorbeifahrt war nicht so genau zu erkennen, ob der Arbeiter tatsächlich schläft, oder hoch konzentriert die Bretter der Hängebrücke repariert.
Die Strecke bis Toplita wird immer einsamer. Ab und an überholen wir mal einen Pferdekarren (Bild), dann werden wir wieder von einem Auto überholt. Geschäfte oder Restaurants: Fehlanzeige.

Bis zum Mittag in Toplita haben wir schon gut 70 km zurückgelegt. Im Ort finden wir ein annehmbares Restaurant, in dem wir ausgiebig zu Mittag essen können. Leider entscheide ich mich für eine Pizza mit Chilisauce, die so scharf und ölig ist, dass ich nach gut der Hälfte kapitulieren muss.

Recht ausgeruht schwingen wir uns wieder auf die Räder.
Der anstrengendste Teil des Tages liegt noch vor uns. Zunächst nimmt die Steigung der Straße stetig zu, ehe wir die letzten 6 km bis zur Passhöhe in Serpentinen durch die Ostkarpaten fahren.

Auf halber Höhe bietet sich ein wundervoller Blick zurück auf die schöne Landschaft der Ostkarpaten: Auf dem Foto leider verdeckt durch uns.

Wir mühen uns weiter und erreichen schließlich die Passhöhe auf 1105 m ü. NN, welche keine weiteren spektakulären Blicke ermöglicht. Oben ziehen wir windfeste Jacken an, denn die 5 letzten Tageskilometer bis Borsec sind eine rauschende Bergabfahrt.
Zur Pension in Borsec gibt es keine vernünftige Wegbeschreibung. Einziges Hilfsmittel ist eine Satellitenkarte mit einer Ortsmarkierung. Leider aber nur in der Auflösung, die Google-Earth für dünnbesiedelte Waldgebiete in den Ostkarpaten eben anbietet.

Wir müssen uns durchfragen, gelangen aber schließlich gut zum Ziel. Die Pension liegt direkt neben der Kirche, in der an diesem Samstag Abend auch noch eine Hochzeit zelebriert wird. Von unserem Balkon haben wir einen schönen Blick auf die benachbarten Häuser (Bild).

Wir sind nicht die einzigen Gäste der Pension. Etwas nervig ist ein kaum englisch sprechendes Möchtegern-Australier-Paar mit rumänischen Wurzeln. Wir sind uns nicht sicher, ob die angebliche Australien-Vergangenheit nicht doch als Synonym für eine wesentlich weniger ruhmreiche Auszeit dient. Jedenfalls feiern die beiden ihren ersten Urlaubstag deutlich alkoholisiert in der Sauna und wollen uns beim Abendessen bis zu ihren letzten zwei Argumenten von einer ähnlichen Abendgestaltung überzeugen. Die Vermieterin verdreht schon entsetzt die Augen und entschuldigt sich anschließend bei uns. Für ihre Gäste kann sie nichts. Für die nächsten neun Tage tut sie uns wirklich leid.
--- 3. Tag ---

Nach dem Frühstück verabschieden wir uns von unserer netten Vermieterin in Borsec (Bild).

Uns steht ein angenehmer Vormittag bevor. Bis zu einem größeren See geht es ausschließlich bergab. Auf der Höhe ist es noch so kalt, dass wir sogar unsere warmen Sachen überziehen. Bei der geringen Anstrengung können wir den Ausblick auf die schöne Landschaft der Ostkarpaten so richtig genießen.
Weil heute Sonntag ist, sehen wir morgens auf den Straßen kaum Verkehr. Unser Glück. Umso voller ist es allerdings im Umkreis der örtlichen Kirchen. Die Straßen sind bis auf den letzten Winkel zugeparkt und die Leute stehen in Scharen vor den Kirchen.

Architektonisch decken die Gebäude der Kirchen eine enorme Vielfalt ab. Von Beton bis Holz sind alle Baumaterialien vertreten. Durch eine besonders eigenwillige Gestaltung besticht die orthodoxe Kirche in Bradu im Bezirk Neamt (Bild).
Am späten Vormittag erreichen wir den Tiefpunkt, jetzt geht es für kurze Zeit wieder leicht bergauf (Bild). Bis zum See ist es nicht mehr weit.

Die Temperaturen sind wieder gestiegen, so dass wir unsere warmen Sachen ablegen und schon anfangen, leicht zu schwitzen.
Kurze Zeit stehen wir schon am See "Izvorul Muntelui", was so viel wie Bergsee bedeutet. Wir ahnen schon, dass es bald wieder gehörig bergauf gehen könnte. Aber erstmal fahren wir noch um den See.

Wir biegen auf die 15B und unsere Vorahnung wird wahr. Bevor es allerdings wieder richtig steil wird, machen wir noch eine Mittagspause.

Anschließend geht es richtig zur Sache, wir müssen noch den Petru-Voda-Pass auf etwa 900 m ü. NN überwinden. Oben angekommen sind wir bei der Hitze recht nass geschwitzt, fahren aber - auch wegen der vielen Hunde - zügig weiter.
Unser heutiger Zielort Targu-Neamt liegt wieder im flachen Land. Wir können uns daher auf einen entspannten Nachmittag einstellen und erreichen Targu-Neamt recht früh.

Um uns im Ort nicht noch zu verfahren, hole ich die Anfahrtskizze für das Hotel Aristocratis aus meiner Tasche (Bild).
Am Hotel gibt es eine schöne Sonnenterrasse und wir genießen das tolle Wetter bei frisch gepresstem Orangensaft und einem zauberhaften Latte Macchiato "Tri Colori". Heute Nachmittag hat unsere Fahrradtour schon fast etwas von Urlaub.

Auch das Abendessen im Hotel ist sehr schmackhaft (Bild). Wir haben einen schönen Abend.
--- 4. Tag ---

Nach einem super leckeren Omelette-Frühstück im Hotel machen wir uns zeitig auf den Weg nach Iasi. Die ersten Kilometer fahren wir noch auf der angenehmen Nationalstraße 15B, müssen dann 4 km über die Schnellstraße 2, ehe wir bei Motca wieder auf die zunächst wenig befahrene 28A abbiegen.

Motca selbst macht nicht den vom Wohlstand verwöhntesten Eindruck. Beim Fotografieren winkt mir ein älteres Paar zu, das unbedingt auch abgelichtet werden möchte. Den Gefallen tue ich ihnen (Bild).
Im Ort steigt die Straße schon leicht an, hinterher müssen wir noch über einen kleinen Berg. Immerhin werden wir mit einem Blick über das weite Flachland belohnt (Bild).
Als nächster größerer Ort liegt Pascani an unserer Route. Hier fahren wir an wenig erbaulichen Wohnsilos vorbei (Bild). Der Straßenverkehr nimmt langsam zu.
Wie auch schon an den Vortagen, sehen wir außerhalb der Städte eine Vielzahl handbetriebener Trinkwasserbrunnen (Bild).
Aufgrund des zunehmenden Straßenverkehrs beschließen wir ab Ruginoasa die 28A zu verlassen und begeben uns auf die wesentlich kleinere 280D.

Jetzt läüft es richtig rund. Der schmale Wirtschaftsweg ist gut asphaltiert, es gibt keine nervenden Autos und von den seitlichen Feldern lachen uns die blühenden Sonnenblumen an.

So schön bleibt es leider nicht lange. An der nächsten Kreuzung biegen wir auf die 208G. Unter unseren Reifen befindet sich mal wieder eine holprige Mischung aus einer Lehm- und Schotterpiste (Bild). Ungemütlicher wird es ab Movileni, wo die zwar in Google-Maps ausgewiesene, aber zunehmend schwerer erkennbare Straße auf einer großen Wiese ausfranst.

Wir müssen umdrehen und fragen uns mal wieder durch. Letztlich müssen wir die weitere Strecke aber doch selbst finden, weil die gefragten Einheimischen uns alle in unterschiedliche Richtungen schicken wollen. Wir schlagen uns querfeldein durch und kommen bei Strunga wieder auf eine stärker befahrene Straße. Zum Glück hält sich der Schaden in Grenzen, es sind nur etwa 5 km Umweg geworden.
Jetzt treten wir nochmal ordentlich in die Pedale und machen am Ortsausgang von Targu Frumos in einem Campingplatz-Restaurant Mittagspause. Unter den schattigen Schirmen kann man es gut aushalten. Jedenfalls solange, bis ich bei meinen Spaghetti Carbonara auf eine unerkannte und extrem scharfe Peperoni beiße. Zur Entschärfung stopfe ich panisch zwei große Weißbrotscheiben in mich hineien und kippe eine weitere Flasche Fanta Lemon nach. Bis zum Aufbruch kann ich zumindest wieder frei atmen.

Die ersten Kilometer nach der Pause bleiben wir auf der Nationalstraße 28. Auf halber Strecke versuchen wir zur Vermeidung des zunehmenden Verkehrs nochmal einen Abstecher durchs Hinterland. Zwischen Nationalstraße und Bahngleisen durchqueren wir noch ein Slumgebiet. Wir halten uns gut an unseren Fahrrädern fest, so dass wir keine Fotos schießen können. Hinter den Bahngleisen geht es wieder entspannter zu, jedoch stimmen auch hier Realität und Kartenwelt nicht überein. Wir folgen den Ratschlägen der Einheimischen und fahren parallel zu Bahngleisen und Fluss weiter. An holprige Lehmpisten haben wir uns ja mittlerweile gewöhnt.

Auch kurz vor Iasi suchen wir uns einen Weg wechselhafter Qualität parallel zum Fluss. Abschnittsweise kommen wir auf asphaltierten Teilstücken gut voran. Dann kämpfen wir uns wieder durchs Gelände und zum Abschluss landen wir kurz vor den Toren der Stadt in einer Art Slum. Hier läuft uns auch der erste Glücksbringer über den Weg, ein grunzendes Hausschwein. Über eine recht marode Brücke gelangen wir wieder in sicheres Terrain (Bild). Jetzt sind es nur noch 3 km bis zum Hotel.
Laut Wikipedia und Reiseführer handelt es sich bei Iasi um ein kulturelles Zentrum Rumäniens. Erwartungsvoll machen wir uns nach dem Duschen auf den Fußweg zur Stadtbesichtigung und entdecken außer dem Stadttheater nichts Erwähnenswertes.

Eine kleine Überraschung bieten nur die Straßenbahnen (Bild). Die Stadt Stuttgart scheint ihre ausrangierten Modelle nach Iasi verkauft zu haben. Anders können wir uns zumindest nicht die lokale Werbung, zum Beispiel für das Möbelhaus Segmüller, auf den Bahnen erklären.
Den Weg zum Kulturpalast erfragen wir bei einem Einheimischen. Dieser entschuldigt sich auch gleich für die nur wenigen touristischen Attraktionen der Stadt.

Der Kulturpalast, die größte Sehenswürdigkeit der Stadt, ist momentan leider auch noch halbseitig eingerüstet (Bild).

Wir machen uns auf den Weg zurück zum Hotel, in der Hoffnung wenigstens noch ein Restaurant für ein gutes Abendessen zu finden. Doch auch das fällt schwer, schließlich landen wir in einem einfachen Restaurant direkt neben unserem Hotel. Iasi gehört definitiv nicht zu den "1.000 Places to See before You Die".
--- 5. Tag ---

Nach einem guten Frühstück verlassen wir Iasi durch die Innenstadt. Anschließend fahren wir nach Süden über die Nationalstraße 24. Unmittelbar hinter dem Ortsausgang geht es gleich ordentlich bergauf. Wenigstens können wir auf halber Höhe noch einen schönen Blick zurück genießen.

Essenstechnisch sieht es mittags wieder etwas mau aus. Wir halten an einem kleinen Verkaufsladen an der Nationalstraße mit Sitzecke (Bild). Im Laden finden wir letztlich nur Chips, Kekse, Salzgebäck und einen Schokoriegel. Können wir daraus genug Energie für den restlichen Tag ziehen?
Wir haben keine Wahl und verlassen die Nationalstraße bei Coropceni zu Gunsten der Nebenstraße 244D.

Wir fahren weiter in südlicher Richtung nahe zur Grenze zur Republik Moldau. Hier zeigt sich das wilde Rumänien wieder von seiner schönsten Seite: sanfte Hügel, viel Grün, unzählige Sonnenblumenfelder, Einsamkeit und Ursprünglichkeit (Bild).
Allerdings ist die Qualität der Wegstrecke sehr wechselhaft. Asphaltierte Abschnitte wechseln sich mit Kopfsteinpflaster, Schotterpisten und von Pferdekarren ausgefahrenen Lehmstrecken ab.

Auf einer Anhöhe machen wir einen kurzen Fotostopp (Bild), dann geht es wieder bergab.
Über einen Pferdekarrenweg kämpfen wir uns wieder bergauf. Plötzlich zeigt uns ein herabkommender Pferdekarren, wem der Weg gehört. Falko kann gerade noch ins freie Feld springen, um nicht überrollt zu werden.
Am frühen Nachmittag bekommen wir einen Schrecken. Falkos Fahrradtaschen schwanken auf dem labilen Gepäckträger immer mehr hin und her. Eine von vier Stützstangen ist im Bereich der Verschraubung durch die Rappelei auf dem schlechten Untergrund durchgebrochen. Der Rest hält noch - so einigermaßen. Mit unserem Werkzeug und den Ersatzteilen können wir nichts ausrichten, uns ist jedoch klar, dass der Gepäckträger in diesem Zustand nicht mehr 17 weitere Tage durchhalten wird. Wir fahren erstmal weiter.

Mittlerweile wird es immer heißer und wir geraten gehörig ins Schwitzen. Husi lässt auf sich warten. Schöne Ausblicke entschädigen für die Anstrengung (Bild).
Als wir bei Husi endlich auf die Hauptstraße kommen, liegt unsere Pension leider in Bergrichtung. Eine letzte Anstrengung von gut einem Kilometer, dann haben wir es für heute geschafft. Essenstechnisch rutschen wir langsam ab: An der Grenze zur Republik Moldau gibt es leider definitiv keine siebenbürgische Küche mehr, die wir so zu Schätzen gelernt haben.

Nach dem Essen sitzen wir noch auf der Terrasse und bewundern das gegenüber liegende orthodoxe Kloster St. Peter und Paul in Husi (Bild).
--- 6. Tag ---

Da wir oberhalb des Ortes gewohnt haben, beginnt unser Tag mit gemütlichem Bergabrollen. In Husi entdecken wir sogar ein kleines Fahrradgeschäft. Unsere Hoffnung auf einen Ersatzgepäckträger für Falko schwindet schnell. So etwas ist nicht vorrätig. Die Gepäckträger der vorhandenen Fahrräder sehen auch nicht sonderlich vertrauenswürdig aus. Zerknirscht fahren wir weiter.

Rettung naht hinter der nächsten Kurve: eine Werkstatt mit Bosch-Service. Wir erklären einem der Mechaniker mit Händen und Füßen unser Problem. Zunächst will er nicht richtig darauf anspringen, doch wir bleiben hartnäckig. Schließlich holt er sein Werkzeug und demontiert die Stange. An seiner Schraubzwinge bohrt er ein neues Loch, konstruiert eine Verlängerungslasche und montiert die so verlängerte Stange wieder an den Gepäckträger (Bild). Das sollte erstmal halten.
Wir machen uns wieder auf den Weg. Die Straße zur Grenze der Republik Moldau ist sehr gut ausgebaut. Wir sind überrascht, wie wenig Verkehr hier herrscht. Die Einreise in die Republik Moldau erfolgt weitgehend problemlos. Wir müssen jeder eine Fahrradtasche öffnen, der Zöllner interessiert sich ausschließlich für meine Vitamintabletten, ich darf sie aber behalten. Anschließend fragt er mich auf Russisch noch nach Waffen. Ich weiß erst gar nicht was los ist, bis er sich durch eindeutige Handzeichen und Geräusche verständlich macht. Entschieden kann ich seine Frage verneinen. Zuguterletzt bekommen wir in unseren Reisepass noch einen Einreisestempel. Dieser wird uns in den nächsten zwei Tagen noch beschäftigen.
Ein kurzes Stück bleiben wir noch auf der Hauptstraße, ehe wir auf die kleinere Nebenstraße nach Hincesti abbiegen. Die Gesamtstrecke nach Chisinau ist im Vergleich zur Hauptstraße etwa 20 km kürzer. Wir merken schnell, warum auf der Nebenstraße trotzdem weniger Verkehr herrscht: es geht ständig auf und ab (Bild).
Am frühen Nachmittag erreichen wir Hincesti, unsere erste größere Stadt in der Republik Moldau. Hier machen wir einen kurzen Stopp, nutzen den Geldautomaten, füllen unsere Getränkevorräte auf und essen ein Eis: Unser Mittagessen.

Von unserem Pausenplatz haben wir einen guten Ausblick auf das monströse Grigorii-Ivanovici-Kotovski-Monument (Bild).
Wir verlassen Hincesti über eine der Hauptausfallstraßen (Bild). Die weitere Strecke nach Chisinau ist immer noch hügelig, und der Verkehr nimmt jetzt deutlich zu.
Wir kämpfen uns von Anstieg zu Anstieg. Nebenbei ist es auch wieder richtig heiß geworden. Nach dem vorletzten Anstieg sehen wir in der Ferne endlich Chisinau (Bild). Jetzt ist es nicht mehr weit, doch das Verkehrschaos nimmt zu. Unsere Zufahrtsstraße ist breit ausgebaut, Fahrbahnmarkierungen sind jedoch selten vorhanden.
Werbung für Mineralwasser ist in der Republik Moldau, hier kurz vor Chisinau, noch deutlich freizügiger als wir es in Deutschland gewohnt sind.

Wir fragen uns zum Hotel durch. Hier treffen wir auf ein interessantes Geschäftsmodell: eine in den Hotelbetrieb integrierte Zahnarztpraxis. Wahrscheinlich sind neue Zähne in Chisinau deutlich günstiger als in Deutschland.

Allerdings läuft das Geschäft noch nicht so richtig: im Hotel sind kaum Gäste, das zugehörige Restaurant hat schon dicht gemacht. Zum Abendessen gehen wir ins nahe gelegene Chill & Grill und schlagen dort richtig zu. Zur Vorspeise nehme ich ein Nudelgericht, dann folgt ein Saltimbocca und schließlich noch die Reibekuchen mit Pilzgemüse. So satt waren wir lange nicht mehr.
--- 7. Tag ---

Nach dem Frühstück holen wir unsere Fahrräder aus der Hotelgarage. Neugierig stelle ich mich auf die ebenfalls dort stehende Gemüsewaage. Schon 2 kg zugenommen, das kann doch nicht sein. So viel haben wir doch gestern auch nicht gegessen, oder sind die zuckerhaltigen Limonadengetränke Schuld?

Die Stadtausfahrt aus Chisinau ist ähnlich katastrophal wie die Einfahrt. Die Straßen sind stark befahren, die Rücksichtnahme der Auto- und Lastwagenfahrer sehr begrenzt. Der starke Verkehr zieht auch viele Straßenhändler an. Wir gewinnen den Eindruck, dass man sich in der Republik Moldau recht einseitig ernährt: 90 % der Straßenhändler verkaufen ausschließlich Melonen (Bild).

Je näher wir an die Grenze zu Transnistrien gelangen, desto schwächer wird der Verkehr. Unser Glück. Schließlich erreichen wir die Grenze. Dort herrscht kaum Betrieb. An mehreren Stellen stehen deutliche Hinweisschilder: Fotoapparat verboten, Videokamera verboten, Kassettenaufnahme verboten. Warum ist man hier nur so streng? Actioncams an Fahrradlenkern sind nach den Piktogrammen zu urteilen zum Glück noch nicht verboten.
Wir beobachten die aus Transnistrien ausreisenden Einheimischen. Die Kommunikation mit den Zöllnern klappt meist wortlos. Die Leute halten an, springen aus ihrem Auto, öffnen den Kofferraumdeckel und fahren schließlich nach einem kurzen Nicken des Zöllners weiter.

Für uns verläuft die Einreise auch unkomplizierter als gedacht. Da die Republik Moldau die Eigenständigkeit Transnistriens nicht duldet, reisen wir offiziell auch gar nicht aus und bekommen demzufolge auch keinen Ausreisestempel in den Reisepass. Auf transnistrischer Seite sieht man es mit den Formalitäten etwas genauer. Wir erhalten eine Aufenthaltserlaubnis über minutengenau 24:00 Stunden. Hiernach muss Falko bis spätestens 13:33 Uhr am nächsten Tag die Grenze an der Transitstrecke nach Odessa passiert haben. Ich habe etwas weniger Stress, da ich hinter Falko in der Schlange stand und mir bis 13:35 Uhr Zeit lassen kann. Den entspanntesten Vormittag wird Marion haben, sie muss das selbsternannte Land erst um 13:38 Uhr verlassen.

Jetzt sind wir in Transnistrien, dem sozialistischen Freilichtmuseum, und hier komplett auf uns allein gestellt. Hier gibt es gibt keine konsularischen Vertretungen und auch keine internationalen Bankautomaten. Ein paar US-Dollar haben wir aber noch dabei, so dass wir hoffen, über die Runden zu kommen.

Nach knapp 10 km in Transnistrien erreichen wir die erste Stadt: Tighina bzw. Bender (Bild). Unser erster Eindruck ist durchaus positiv: Wenig Straßenverkehr und alles macht einen gepflegten Eindruck.
Andererseits wirkt die sozialistische Architektur schon sehr aufdringlich und an jeder dritten Ecke Denkmäler mit Panzern oder Kriegern zu sehen, sind wir auch nicht gewohnt (Bild).

Gleich am zweiten Kreisverkehr werden wir von einem Verkehrssoldaten zurückgepfiffen. Irgendwie waren wir vor lauter Staunen und in leichter Orientierungslosigkeit nicht ganz vorschriftsgemäß abgebogen. Nach einem bösen Blick und wenigen unverständlichen Wörtern dürfen wir jedoch weiterfahren.
Die Stadt geht fließend nach Tiraspol über. Am Ortseingangs-Monument stellen wir uns kurz für ein Foto auf (Bild).
Kurz hinter der Stadtgrenze kommen wir an dem angeblich 200 Mio. US$ teuren neuen Stadion des FC Sheriff Tiraspol vorbei (Bild).

Irgendwie liegt hier alles in einer Hand: egal ob der örtliche Fußballverein, Tankstellen oder Supermärkte, alles firmiert unter dem Namen Sherriff.

Firmeneigner ist Igor Smirnov bzw. sein Familien-Clan, denn so ganz sind die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens Sheriff nicht bekannt.

Gleichzeitig ist Igor Smirnov Präsident Transnistriens. Der Name Sheriff geht übrigens auf seinen Sohn Wladimir zurück, der gleich nach der Abspaltung Transnistriens das Kommando über die Polizei in Tiraspol übernommen hatte.
Zu guter letzt kommen wir noch an einem Supermarkt des Sheriff-Konzerns vorbei (Bild).

Jetzt hat es auch meinen Gepäckträger erwischt. Meine Fahrradtaschen schunkeln hin und her. Analog zu Falkos Gepäckträger ist auch bei mir eine Haltestange an einer Aussparung für die Verschraubung durchgebrochen.So ein Ärger, die letzten 7 km bis zum Hotel sind damit aber noch zu schaffen.

Vorher halten wir aber noch an einem Unabhängigkeitsdenkmal mit vielen Grabsteinen für die im Krieg Anfang der 1990er Jahre gefallenen Soldaten. Das Symbol für die Unabhängigkeit ist natürlich mal wieder ein Panzer.

Nach mehreren Runden um den Häuserblock erreichen wir das erstaunlich exquisite Hotel City-Club. Auf seiner Visitenkarte (für uns ausländische Gäste) nennt das Hotel die Republik Moldau als Heimatland. Auch sonst setzt sich das Hotel durch eine Mauer und Sicherheitspersonal vom Rest der Stadt Tiraspol etwas ab.
Nachdem wir unser Gepäck im Hotel gelassen haben, machen wir uns auf die Suche nach einer Werkstatt. Am Ortsausgang finden wir sogar einen kleinen Fahrradladen. Leider ist nicht nur der Laden klein, auch der angebotene Gepäckträger ist definitiv zu klein.

Nebenan gibt es noch einen Reifenhändler mit einem ausgesprochen netten Mitarbeiter. Nach kurzer Kommunikation lotst er uns zu einer Hinterhofwerkstatt und bringt dort die zunächst etwas desinteressiert dreinschauenden Automechaniker in Schwung.

Hier hält man sich nicht lange mit filigraner Feinarbeit auf, sondern fährt gleich schwere Geschütze auf. Unser Mechaniker Sergej schweißt die gebrochenen Enden einfach zusammen. Derweil beschäftigen uns die übrigen Mechaniker mit immer neuen Namen von in der Bundesliga spielenden, osteuropäischen Fußballern. Wir nicken anerkennend.

Mein Gepäckträger ist jetzt stabiler als je zuvor. Wir fahren erleichtert zurück zum Hotel. Nach ausgiebigem Duschen begeben wir uns zum Abendessen. Auch hier wird gut gekocht. Während wir im Hotel nur mit US-Dollar zahlen können, nimmt das zugehörige Restaurant ausschließlich Euro an. Wir wundern uns, sind aber flexibel. Den Abend beschließen wir mit einem transnistrischen Tiramisu.
--- 8. Tag ---

Da Falko Transnistrien ja heute schon recht früh verlassen muss, brechen wir nach dem Frühstück zeitig auf. Über die Hauptstraße gelangen wir zunächst zum Regierungssitz und dem davor stehenden Lenin-Denkmal (Bild).
Die Hauptstraße nach Odessa erweist sich zunächst als gute Wahl. Der internationale Transitverkehr meidet Transnistrien, so dass wir die gut ausgebaute Straße fast für uns allein haben (Bild). Bis zur Grenze sind es gut 30 km, so dass uns genügend Zeit für entspanntes Fahren bleibt.

Gegenüber der Einreise gestaltet sich die Ausreise aus Transnistrien ungleich komplizierter. Zunächst läuft es gut an, der Vorposten wirft einen kurzen Blick auf die Pässe, dann wird unser Gepäck oberflächlich kontrolliert und schließlich werden wir zu einem Grenzer in seinem "Fahrkartenhäuschen" geschickt. Dort postieren wir unsere Räder in geeigneter Weise und geben dem Grenzer unsere drei Reisepässe. Es steht somit schon gleich 3:0 für Transnistrien. Bei diesem Spielstand spielt der Gegener natürlich auf Zeit. Die nächsten 15 Minuten passiert erstmal gar nichts. Sporadisch vorbeikommende Einheimische werden allerdings weiterhin abgefertigt. Wir fragen, ob alles OK sei und interpretieren das ausdruckslose Gesicht des Grenzers mit einem kurz angedeuten Nicken als grundsätzlich positiv. Wahrscheinlich hängt nur die EDV. Mittlerweile stehen unsere Räder auch zunehmend im Weg, so dass wir uns leider etwas umstellen müssen.

Kurze Zeit später nimmt der Gegner eine taktische Auswechslung mit Systemumstellung vor. Ein neuer Grenzer mit bruchstückhaften Englischkenntnissen - wahrscheinlich ein Vorgesetzter - erscheint auf der Spielfläche. Er spielt zunächst die freundliche Gangart auf: "Angela Merkel and Wladimir Putin - they speak to each other. Big friends. Putin speaking a little bit German and Merkel can answer in Russia." Wir sind erleichtert über diese positive Wendung. Allerdings nicht lange, denn nach ein paar Minuten nimmt sich der neue Grenzer unsere Reisepässe vor und entdeckt - welch Wunder - den moldauischen Einreisestempel, für den es logischerweise keinen passenden Ausreisestempel gibt. Aus moldauischer Sicht sind wir ja auch noch gar nicht aus der Republik Moldau ausgereist.
Mit dem sicheren 3:0 im Rücken spielt der neue Grenzer jetzt auf bedingungslosen Angriff: "This ist Transnistria, not Moldova. Your stamps show that you are still in Moldova. I can't let you out of Transnistria. You have to go back to the border, where you came in and you must get there a stamp showing that you left Moldova."

Der Grenzer und wir wissen genau, dass dieser Stempel nicht zu bekommen ist und erst recht nicht in der noch zur Verfügung stehenden Zeit. Wir betteln um eine Ausnahme, der Grenzer gibt sich unerbittlich. Irgendwann sagen wir den weiterführenden Satz "We need your help." Nach dieser Selbsterkenntnis zeigt der Grenzer wieder sein erstes, freundlicheres Gesicht und spielt auf die hier wohl unter Freunden üblichen Geflogenheiten an: "A little present would help."

Jetzt ist es also raus: Wir werden erpresst. Das ist sehr unschön, schließlich stehen transnistrische Zöllner auf unserer Freundesliste ganz unten. Da fallen Geschenke nicht leicht. Schwer wiegendere Bedenken haben wir allerdings, dieses korrupte System auch noch unterstützen zu müssen. Letztlich siegt auch bei uns die Sorge davor, dass die Probleme spätestens ab 13:33 Uhr noch größer werden könnten. Dann hat der Gegner nicht nur 3 Reisepässe sondern auch noch 3 Formulare in der Hand, auf denen eine längst verstrichene Ausreisezeit steht. Aus Angst vor dem 6:0 geben wir unsere Bedenken auf.
Mit kurzen Blicken versuchen wir uns über die Höhe unseres ersten Geschenkes zu verständigen. Wir verwerfen den Versuch, mit 2 Europa-Radtour-Kugelschreibern zu beginnen und entscheiden uns für 5 US-Dollar. Die Hoffnung, mit einem 3:5 aus diesem bösen Spiel aussteigen zu können, erfüllen sich nicht. Der Grenzer nimmt die 5 US-Dollar recht abwertend zur Kenntnis und sagt "20 each".
Ausladend kratzen wir unser Geld aus mehreren Taschen zusammen und starten den zweiten Versuch mit 25 US-Dollar und ein paar rumänischen Lei. Mit einer läppischen Handbewegung fegt der Grenzer die Lei zur Seite. Ich denke, wenn er sie nicht will, dann nehmen wir sie ihm wieder weg. Aber so schlecht findet er das rumänische Geld dann doch nicht: er nimmt es mir wieder aus der Hand. Endlich haben wir den Punkt erreicht, wo auch der Grenzer den Spaß an seinem Spiel verliert. Wir bekommen unsere Pässe und dürfen weiter.

Vergleichsweise unkompliziert verläuft der weitere Ablauf: Einreisekontrolle in der Ukraine, ukrainischer Stempel im Reisepass und ein kurzes Gespräch mit einem EUBAM-Beamten über unsere Erfahrungen in Transnistrien und die Aufgaben der EUBAM-Mission. Die Ukraine (Bild) kommt uns nun als vergleichbar hoch zivilisiertes Land vor.
Nach dieser unfreiwillig langen Pause sind wir froh, uns wieder auf unsere Räder schwingen zu dürfen. Die gut ausgebaute Straße ist weiterhin nur schwach befahren. Der erste Verkaufsladen lässt etwas auf sich warten (Bild). Wir kaufen Getränke, Brot, Käse und Butter und lassen uns in einem benachbarten Cafe mit schattiger Außenterrasse nieder.
Etwa 30 km vor Odessa nimmt der Verkehr etwas zu, die letzten 10 km werden dann wieder hart. Unterwegs kommen wir noch an einem imposanten Denkmal über die Zeit des 2. Weltkriegs vorbei (Bild).
Wir kämpfen uns durch den Großstadtverkehr zum Hotel. Das Hotel Centrali macht einen interessanten Eindruck. Es wurde zwar kürzlich weiter bergab von drei auf zwei Sterne runtergestuft, dafür hat es den historischen Charme alten Gemäuers mit hohen Decken und schiefen Fußböden aus Holz.

Die kürzlichen Sanierungen wirken etwas lieblos: ohne Blick auf die Nachhaltigkeit etwas neue Farbe und Tapete aufgetragen, dazu noch Fernseher und Matratzen ausgetauscht.

Besonders erwähnenswert ist noch die Treppe (Bild). Bei der filgranen Ausführung fragt man sich automatisch, für welche Belastung diese wohl ausgelegt ist.
Den Abend in Odessa verbringen wir noch mit kurzem Sight-Seeing. An einem Freitag Abend ist in der Großstadt richtig viel Trubel (Bild).

Der Weg vom Hotel zur Pontemkinschen Treppe verläuft größtenteils über eine Fußgängerzone mit einigen imposanten Gebäuden und einer recht schönen Parkanlage.
Eines der besonders schönen Gebäude beheimatet das Opernhaus in Odessa (Bild). Das Gebäude wurde nach den Plänen der Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Herrmann Helmer von 1883-87 im Stil des Historismus errichtet.

Wir fühlen uns in Odessa sehr wohl und beschließen den Abend in einem guten Restaurant.

Wikipedia:
Architekturbüro Fellner & Helmer
--- 9. Tag ---

Beim Hotelfrühstück in Odessa hören und sehen wir in diesem Urlaub die ersten deutschen Touristen. Eine ältere Dame am Nachbartisch beschwert sich, dass es in einem anderen Hotel Marmelade zum Frühstück gäbe, in diesem aber nicht. Wir lassen uns von ihrem Missmut nicht anstecken und ärgern uns lieber darüber, dass die Spiegeleier schon ganz kalt sind.

Die Stadtausfahrt aus Odessa gestaltet sich nicht ganz einfach. Uns sind ein paar Zettel unserer Reiseplanung abhanden gekommen. Trotzdem kommen wir an vielen schönen Häusern vorbei (Bild).
An der Küste Küste entlang können wir uns zunächst gut durchhangeln. Teilweise gibt es sogar einen eigenen Radweg. Später nutzen wir die Auskunftsfreude der einheimischen Bevölkerung, ehe wir schließlich auf der direkten Straßenführung nach Zatoka landen (Bild).

Schon zuhause hatten wir im Reiseführer festgestellt, dass der ganze Bereich südlich von Odessa nur auf zwei kurzen Seiten beschrieben wurde. Anscheinend gibt es hier nur zwei Attraktionen: den Badestrand von Zatoka und den Endpunkt des Struwe-Bogens bei Ismail, den wir erst am übernächsten Tag besichtigen werden.

Wie im Reiseführer beschrieben, sitzen an der gesamten Durchgangsstraße in Zatoka ältere Damen und Herren auf ihren Stühlen und offerieren auf ihren Papptafeln Zimmer zur Übernachtung.

Wir haben vorgebucht uch suchen unsere Unterkunft. Das Hotel Poseidon ist schlichter als der Name vermuten lässt. Der Zimmertrakt hat von außen etwas barackenhaftes, innen riecht es modrig und leicht schimmelig. Dafür sind wir zentral untergebracht und haben nur einen kurzen Weg bis zum Strand.
Wir haben Samstag und gutes Wetter. Entsprechend überfüllt ist der Strand (Bild). Marion und Falko sind gleich bedient, ich kann mich wenigstens noch zu einem Bad im Schwarzen Meer aufraffen und lege mich anschließend in eine etwas ruhigere Ecke. Pro Quadratmeter liegen ca. 10 Kippen und 3 Bonbonverpackungen im Sand. Der Durchschnittsgast markiert sein Strandrevier mit 3 bis 5 bereits geleerten Bierflaschen. Falko nutzt derweil die Zeit um im Internetcafe unseren Blog mit weiteren Informationen zu füttern. Für 18:30 Uhr haben wir uns wieder im Hotel verabredet.

Das Hotel Poseidon in Zatoka ist übrigens das einzige mir bekannte Hotel, in dem man anhand eines kleinen physikalischen Versuchs den Wasservordruck der Dusche bestimmen kann: Sobald man den Brausekopf höher als 30 cm über der Armatur hält, versiegt der Wasseraustritt vollständig. Wir bestimmen den Vordruck also zu 0,03 bar. Das ist deutlich weniger, als wir von zuhause gewohnt sind.
Nach dem Duschen begeben wir uns in ein nahe gelegenes Restaurant zum Abendessen. Auffällig ist zunächst die strahlende und übertrieben freundlich wirkende Bedienung. Wer nur den Grimm deutschen Servicepersonals kennt, ist spätestens hier positiv überrascht.

Leider ist ihr Englisch nicht halb so gut wie ihr Auftreten. Den Versuch, mit ihrer Hilfe die kyrillische Speisenkarte zu verstehen, beenden wir schnell. Als Vorspeise bestellen wir drei Käse-Teigrollen und erhalten wenig später Kirsch-Teigrollen. Die perfekte Nachspeise. "Cheese" und "Cherry" klingen ja auch fast gleich.

Auf unserer Hotelterrasse steigt mittlerweile eine Karaoke-Party. Wir fangen an, uns um unsere Nachtruhe zu sorgen, besuchen aber erst noch die nahegelegene Strandkirmes. Hier entdecken wir noch alle aus den 1970er Jahren bekannten Fahrgeschäfte (Bild). Trotzdem ist die Kirmes gut besucht. Wir gehen über die Uferpromenade zurück zur Hotelterrasse. Hier trauen sich mittlerweile auch die Untalentierten auf die Karaoke-Bühne. Drei, vier Lieder tun wir uns noch an, dann begeben wir uns aufs Zimmer. Trotz aller Sorgen können wir mit Ohrenstöppseln ganz passabel schlafen.
--- 10. Tag ---

Am nächsten Morgen nehmen wir den modrig, schimmeligen Geruch des Zimmers noch intensiver wahr. Wir beeilen uns, die Stätte zu verlassen und versuchen erst gar nicht, bei unserer Unterkunft noch zu frühstücken. Am Vorabend hatten wir im Ort noch eine Frühstücksgelegenheit entdeckt, die sich beim näheren Hinsehen allerdings als Fastfood-Bude entpuppt. Die angebotenen Speisen sind demzufolge recht fettig und sollen uns den Tag über noch schwer im Magen liegen.

Den Vormittag fahren wir in Küstennähe und haben immer mal wieder schöne Ausblicke aufs Meer. Den Anfang macht eine imposante Brücke über die große Schwarzmeerbucht bei Zatoka, über die wir am Vortag noch gefahren waren (Bild).
Ansonsten geht es auf vergleichsweise ebener Strecke durch plattes Land (Bild).
Kurz vor 13:00 Uhr suchen wir bei Bazar'yanka einen kleinen Verkaufsladen auf, um dort unser Mittagessen einzukaufen. Zum Essen nutzen wir die Plastikstühle und den Tisch vor dem Laden (Bild).

Als die Verkäuferin um 13:20 Uhr ihren Laden verlässt, abschließt und mit ihrem Mofa abfährt, sehen wir auf einem Schild an der Eingangstür, dass sie sonntags eigentlich schon um 13:00 Uhr hätte schließen können. Wir machen uns keine Gedanken.

Um 14:00 Uhr kommt sie schließlich zurück und will jetzt aber doch endlich ihr Plastikmobiliar im Laden einschließen. Verschämt helfen wir ihr beim Reintragen und finden es sehr nett, dass sie uns nicht schon eine Stunde früher von den Stühlen verjagt hat.
Nachmittags verlassen wir die Küste ins Landesinnere. Unsere größten Probleme sind die pralle Sonne und der teilweise schlechte Straßenbelag. Abschnittsweise fahren wir auf Lehmpisten (Bild) neben der Straße, auch weil dort der ein oder andere Baum Schatten spenden kann. Trotz Allem nähern wir uns Tatarbunary.

Von Deutschland ein Hotel in Tatarbunary zu finden, war nicht einfach. Zunächst ist die Ukraine südlich von Odessa nur spärlich mit Unterkünften bestückt. Und die wenigen vorhandenen verfügen schließlich über keine Internetpräsenz. Nach langer Suche hatten wir schließlich das Tatarbunary Hotel in den Yellow Pages der Ukraine entdeckt. Unsere Erwartungshaltung war gering und wurde auch nicht enttäuscht.
Unser Zimmer ist mit drei Betten und einem kleinen Tisch in der Mitte bereits gut ausgefüllt (Bild). Wir brauchen keine Worte, um uns über die Qualität des Zimmers einig zu werden. Außer einem 10-Liter-Wassereimer in der Duschwanne befindet sich kein überflüssiger Gegenstand im Zimmer. Und den Eimer sollten wir auch noch zu schätzen lernen.

Etwas schwierig gestaltet sich das Abendessen im Ort. Zur Bezahlung unseres Zimmers müssen wir der Unterkunftsleiterin in ihrer knapp 10 m² großen Bleibe noch einen Besuch abstatten. Neben einem Bett ist in ihrem Zimmer nur Platz für einen kleinen Schreibtisch mit Stuhl für die Buchhaltung und ein vollgestopftes Regal für ihre persönlichen Gegenstände wie zum Beispiel eine Mikrowelle. Wir thematisieren auch das Thema Essen, wobei wir es als ersten Erfolg werten, dass wir mit dem Wort "Butterbrot" eine gemeinsame Vokabel entdecken. Allerdings ist uns trotz intensiver Zeichensprache nicht klar, ob wir uns gerade über das Abendessen oder das Frühstück unterhalten.

Die Hoffnung, im Ort noch ein akzeptables Essen zu finden, schwindet schnell. Ein kleiner Verkaufsladen hat schon geschlossen. In dem älteren Gebäude, an dem mit kyrillischer Schrift außen noch vielversprechend "Gastronom" steht, befindet sich mittlerweile ein Krims-Krams-Laden. Wir landen also schnell wieder bei unserer Unterkunft, in der sich unten noch eine Art Bar befindet. Leider fällt das Wort "Butterbrot" nicht noch einmal, so dass wir uns mit den in der Bar angebotenen Knabbereien: Chips, Pistazien und Schokoriegeln als Abendbrot begnügen müssen. Unsere Unterkunftsleiterin muss erahnen, dass wir noch nicht richtig satt sind, so gibt sie uns zum Abschluss noch eine letzte Runde Bier aus. Das ist sehr nett.

Wieder im Zimmer angekommen, wird uns beim ersten Toilettenbesuch auch der Sinn des Wassereimers deutlich: Das Spülwasser muss händisch nachgekippt werden.
--- 11. Tag ---

Auch unsere Unterkunft in Tatarbunary verlassen wir am nächsten Morgen recht zügig. Zum Frühstück halten wir an einem Verkaufsladen. Im Grunde genommen gibt es für uns dort nur Kekse in allen Variationen und Getränke zu kaufen. Zumindest werden wir erstmal satt (Bild).
Tatarbunary verlassen wir über die T1610. Der Straßenverkehr hält sich in Grenzen, dennoch biegen wir bei Spas'ke auf die Nebenstraße nach Kiliya ab.

Bald kommt uns eine einheimische Radfahrerin mit ihrem leicht klapprigen Fahrrad entgegen (Bild).
Bei Shevchenkove gibt es eine prunkvolle Gedenkstätte zu bestaunen.
Auf der weiteren Strecke nach Kiliya beobachten wir ein Explorationsteam, das nach neuen Rohstoffvorkommen bohrt (Bild).

In Kiliya selbst gibt es zwar angeblich einen Grenzübergang über die Donau nach Rumänien, doch steht diese Möglichkeit nur Einheimischen mit speziellen Ausreise- bzw. Arbeitspapieren offen. Unsere Planung sieht daher vor, noch weiter ins Landesinnere zu fahren.
Die örtlichen Straßen bestehen in Kiliya zu einem hohen Prozentsatz aus großflächigen Betonplatten (Bild). Für uns die Höchststrafe: alle 4 m fahren wir über den Fugenversatz und bekommen einen Stoß in die Wirbelsäule. Auch sonst wirkt Kiliya recht ausgestorben, eine große Tankstelle mit nur wenigen Zapfsäulen wirkt recht deplatziert.

Arbeiten die hier lebenden, arbeitswilligen Ukrainer vielfach in den Industriebetrieben auf der rumänischen Donauseite? Wir wissen es nicht.

Wir machen erstmal Mittagspause. Am Busbahnhof gibt es wenigstens einen kleinen Kiosk, bei dem wir uns zumindest mit weiteren Keksen, Schokoriegeln und Getränken eindecken können. Hinter dem Kiosk finden wir noch ein schattiges Plätzchen zum Verweilen.
Um Kiliya wieder verlassen zu können, sind wir auf die Mithilfe und das Orientierungsvermögen der einheimischen Bevölkerung angewiesen. Wir fragen hier und da, doch meist hören wir zwei verschiedene Meinungen zu unserer weiteren Strecke nach Izmail. In diesen Situationen taucht aus dem Nichts immer wieder ein blauer Lada auf, dessen Fahrer uns dann wild gestikulierend zeigt, wo es weiter geht. Wir trauen ihm und landen schließlich tatsächlich auf der richtigen Ausfallstraße. Also an dieser Stelle nochmal vielen Dank an den Fahrer des blauen Ladas.

Auf den nächsten Kilometern bis Izmail bekommen wir einen ersten Eindruck vom Donaudelta und seiner Vogelvielfalt. Die örtlichen Hinweisschilder müssen wir ignorieren, da wir sie nicht verstehen (Bild).
Kurz vor Izmail gibt es in Stara Nekrasivka noch eine Sehenswürdigkeit zu besichtigen. Den letzten Kilometer dorthin quälen wir uns über eine mit tiefen Furchen durchsetzte Lehmpiste (Bild). Es geht nur schleppend voran. Doch wir müssen nur noch einmal abbiegen, dann stehen wir am südlichen Endpunkt des Struve-Bogens.

Wikipedia:
Struve-Bogen
Der Struve-Bogen, ein lang gestrecktes Netz geodätischer Vermessungspunkte, wurde von 1816 bis 1852 zur Meridianvermessung errichtet. Heute steht an dem südlichsten Festpunkt ein Gedenkstein und wir machen schnell ein Foto (Bild). Dann fahren wir weiter.

In Izmail finden wir ein passables Hotel im sozialistischen Plattenbaustil mit übergroßer und weitgehend leer stehender Empfangshalle vor. In den unteren Etagen haben sich schon Büros eingemietet, der Städtetourismus scheint in den letzten Jahren auf mehr oder weniger Null rückläufig zu sein.

Ähnlich sieht es mit Restaurants aus. Immerhin finden wir noch eine Schnell-Pizzeria, in der eine Bedienung sogar bruchstückhaftes Englisch spricht. Uns geht es gut.
--- 12. Tag ---

Das Hotel in Izmail verlassen wir wieder ungefrühstückt. Doch zuvor werden wir im Hotel noch des Handtuchdiebstahls verdächtigt. Jedenfalls müssen wir mit der Etagenbeauftragten nochmal zurück ins Zimmer und ihr sämtliche Handtücher zeigen. Hier hat man wohl schon schlechte Erfahrungen mit seinen Gästen gemacht.

Auf der Suche nach einer Frühstücksgelegenheit landen wir bei einer Art Bäckerei. Vor dem Laden sitzen wir in der prallen Sonne und ergreifen nach dem Essen sofort die Flucht. Heute wird wieder ein heißer Tag.

Kurz nach der Stadtausfahrt biegen wir zweimal ab und landen auf dem lehmigen Uferweg eines Donauarms (Bild).
Hier können wir ausgiebig die Natur genießen. Neben zwitschernden Vögeln begegnen uns auf der Strecke auch Schafe und Kühe (Bild).

Nach dem besonders schönen Donauabschnitt geht es auf einer Nebenstraße weiter. Auch hier herrscht wenig Straßenverkehr.
Kurz vor Reni ist es mit der Herrlichkeit vorbei. Die ersten Wolken ziehen auf - leider nicht natürlichen Ursprungs (Bild).
Als letzte Stadt in der Ukraine durchqueren wir Reni (Bild).

Jetzt ist es nicht mehr weit bis zur Grenze. Um nach Rumänien auszureisen, müssen wir noch etwa 1 km durch die Republik Moldau fahren. Während der Grenzverkehr von der Ukraine in die Republik Moldau sehr gering ist und wir sofort abgefertigt werden, erwartet uns an der nächsten Grenze nach Rumänien eine sehr lange Autoschlange.

Wir entscheiden uns, gleich bis zur Schranke nach vorne durchzufahren. Eine gute Entscheidung, denn als EU-Außengrenze wird hier jedes Fahrzeug intensiv überprüft. Vor uns wird gerade das Stoffdach eines Cabrios mit viel Aufwand begutachtet. Bei uns geht es unkomplizierter. Wir werden nur gefragt, ob wir Zigaretten schmuggeln. Die Frage können wir reinen Gewissens verneinen.
Nach der Grenze kommen wir recht schnell zu den Vororten Galatis. Während auf ukrainischer Seite nur vereinzelt Industrie anzutreffen war, finden wir uns hier schnell in einem großen Industriegebiet wieder: Schwerpunkt Schiffbau.

Erst in Nähe des Stadtzentrums besticht das Donauufer durch eine gut ausgebaute Promenade. Hier befindet sich auch unser Hotel. Wir bekommen ein Zimmer in der 10. Etage und haben vom Flur einen schönen Ausblick auf die Donau (Bild).

Gegen Abend füllt sich die Uferpromenade. Am Ufer liegen mehrere Restaurantboote hintereinander. Wir entscheiden uns für eins in der Mitte. Bei den angenehmen Abendtemperaturen lässt es ich gut aushalten.
--- 13. Tag ---

Nach mehreren Tagen mäßigen Frühstücks kommen wir heute Morgen endlich wieder in den Genuss eines ausgiebigen Frühstückbuffets. Wir sind schon früh aufgestanden und knapp in der Zeit. Schließlich möchten wir eine frühe Donaufähre schaffen und unseren Zielort Tulcea bis spätestens 16 Uhr erreichen. Dort sind wir noch für eine Bootsfahrt auf der Donau angemeldet.

Die Donaufähre setzt pünktlich über (Bild). Mit den Sicherheitsvorkehrungen hält man es allerdings nicht so genau, wie wir es beispielsweise in Deutschland gewohnt sind. Wegen Überfüllung musste eine Absperrschranke auf der Fähre geöffnet bleiben. Die Fähre davor hing noch an der Anlegestelle fest, weil beim Entladen ein LKW mit einem Rad in den Spalt zwischen Fähre und Ufermauer gerutscht ist.
Wir sind jedenfalls noch gut im Zeitplan und kommen gut voran (Bild). Im Laufe des Vormittags wird es wieder richtig heiß. Wegen des Zeitdrucks fahren wir weiterhin recht zügig und kommen dementsprechend ins Schwitzen.

Ich muss dann auch mein Synthetik-Netz-Unterhemd wechseln, die durchs Scheuern ausgelösten Schmerzen waren nicht mehr zu ertragen. Mit Baumwoll-T-Shirt fühle ich mich anschließend wohler.
Anders als erwartet, steht der Tourismus im Donaudelta nicht so im Vordergrund. Die Schilder, die das Naturreservat Donaudelta anpreisen sind schon sehr verrostet. Wir postieren uns trotzdem für ein Foto (Bild).

Noch mehr überrascht sind wir bei der Stadteinfahrt nach Tulcea. Die Industriebetriebe reihen sich aneinander. Ich habe nicht das Gefühl, mich in einem Naturreservat zu befinden.

Der Tourismus in Tulcea beschränkt sich auf eine kleine Hafenpromenade, von der die Ausflugsschiffe starten. Hier stehen auch zwei oder drei Hotels, unter anderem unseres. Kurz nach 14 Uhr haben wir unser Ziel erreicht. Wir verabreden die Bootsfahrt um 15 Uhr zu beginnen und lassen uns unser Zimmer im 6. Stock zeigen.

Dort schlägt uns gleich ein beißender Mix aus kloakigem Abflussgestank und schimmeligem Fassadenmief entgegen. Mir wird schlecht. Wir kämpfen uns zum Abfluss im Badezimmer vor und entecken, dass dieser unter einem Badezimmerschrank schon mit Folie abgedeckt wurde. Leichtsinnigerweise entfernen wir die Abdeckfolie und kippen mehrere Becher Frischwasser nach, in der Hoffnung den beißenden Geruch so zu bekämpfen. Um vor der Bootsfahrt noch einen Happen in der Stadt essen zu können, machen wir uns auf den Weg.
Unsere Bootsfahrt auf der Donau dauert etwa von 15 bis 20 Uhr. Wir sind zu dritt, der Bootsführer hat sich auch verstärkt: zum Übersetzen hat er seine Tochter, die im zweiten Jahr Schul-Englisch lernt, mitgebracht und zum Kochen ist seine Frau an Bord.

Die erste halbe Stunde benötigen wir, um einen genügend großen Abstand zu Tulcea zu gewinnen. Dann biegen wir in einen bewaldeten Seitenarm und können die ersten Vögel beobachten (Bild).

Doch die Idylle wird jäh unterbrochen. Wir werden zum Essenstisch gebeten, wo uns eine recht ursprüngliche Fischsuppe erwartet. Der besondere Clou der ursprünglichen Fischsuppe ist das genial-einfache Rezept: Fische mit geraden Schnitten in mehrere Teile zerlegen und inklusive Haut und Gräten in einen genügend großen Kochtopf legen (nur Kopf und Schwanzflossen weglassen). Ausreichend Wasser dazugeben und als besondere Note mit Tomaten und Zwiebelringen verfeinern. Jetzt nur noch aufkochen und fertig. Als regelmäßiger Nicht-Fisch-Esser brauche ich zum Entgräten und anschließenden Essen eine halbe Stunde. Deshalb geht die Vorspeise quasi nahtlos in die Hauptspeise über: Frittierter Fisch mit kalter Kartoffel- und Karottenbeilage. Den Fisch lasse ich mir noch gefallen, dann steige ich aus und konzentriere mich lieber wieder auf die Donau.
Heute wird definitiv der Tag, an dem wir mit unseren Digitalkameras die meisten Fotos schießen. Anfangs versuchen wir noch jeden Vogel abzulichten (Bild).
Irgendwann treffen wir auf einen einsamen Donaufischer in seinem kleinen Holzkanu. Wir drehen bei und werden Zeuge eines seltsamen Tauschhandels (Bild). Selbst gefangener Fisch - wahrscheinlich die Grundlage für die morgige Fischsuppe - gegen eine halbe Plastikflasche selbst gebrannten Schnaps. Jeder ernährt sich so, wie es ihm gefällt.

Wir erreichen einen See. Hauptattraktion sind neben ein paar Vögeln unzählige Mücken, die gnadenlos über uns herfallen. Unsere englisch-sprachige Reisebegleitung holt zur ersten Erklärung aus:"Big Lake". Dann wird es schlagartig laut, den Grund erfahren wir sofort:"Frogs".
Wir staunen noch ein wenig, versuchen den ein oder anderen Vogel mit unseren Kameras abzulichten (Bild), dann geht es schließlich wieder zurück.

Um kurz nach 20 Uhr betreten wir wieder unser Hotelzimmer in der 6. Etage. Zur Erinnerung: am frühen Nachmittag hatten wir die Folie über dem Badezimmerabfluss entfernt. Das rächte sich jetzt fürchterlich. Der beißende Kloaken-Gestank hat sich zu einer höllischen Geruchskatastrophe gesteigert. Im Grunde genommen ist das Zimmer nicht mehr betretbar. Wir retten unser Gepäck und bekommen ein Zimmer in der 3. Etage zugewiesen. Das Zimmer hat zwar das gleiche Problem, aber in einer deutlich weniger unerträglichen Intensität.
--- 14. Tag ---

Aufgrund der Geruchssituation bin ich froh, als wir am nächsten Morgen das Hotel in Tulcea verlassen können.Die von uns ausgewählte Ausfallstraße aus der Stadt lässt für heute Schlimmes erahnen. Wir holpern die ersten Tageskilometer Über Kopfsteinpflaster und kommen nur mühsam voran.

Zum Glück wird es nach der zweiten Kreuzung am Ortsende besser. Auf gutem Asphalt folgen wir nun der von schönen Bäumen gesäumten Straße (Bild). Dazu so gut wie kein Autoverkehr. Und es kommt noch besser: leichter Rückenwind zieht auf.

Wir genießen den Vormittag. Der Rückenwind wird stärker - wir werden schneller.
Am Wegesrand fällt uns ein etwas aufwändiger hergestellter Trinkwasserbrunnen auf (Bild).

Mittlerweile schlagen die über Holzmasten am Straßenrand verlegten Versorgungskabel Besorgnis erregend. Der Rückenwind entwickelt sich zu einem Rückensturm.
Im Umfeld des Donaudeltas sind wir nicht mehr die einzigen Fahrradfahrer. Erst treffen wir auf einen Schweizer mit seiner rumänischen Freundin, dann kommt uns ein deutsches Pärchen entgegen. Den beiden fällt das Fahrradfahren offensichtlich nicht so leicht wie uns, allerdings haben sie auch keinen Rückenwind.

Aber auch die Einheimischen fahren Fahrrad (Bild). Von allen Fernradlern, deren Weg sich mit unserem kreuzt, berichten wir übrigens in der Rubrik "People We Met".

Uns geht es weiterhin bestens. Die an sich schon gute Straße wird noch besser: sie erhält einen neuen Asphaltbelag. Da haben wir in den letzten Tagen eigentlich nur Straßen kennen gelernt, die es nötiger hätten.
Mit Hilfe des Rückenwindes kommen wir viel zu früh in Jurilovca an. Um 14 Uhr fährt unser Boot zur Halbinsel Gura di Portitei, jetzt ist erst kurz nach 12 Uhr. Wir fahren gleich bis zum örtlichen Hafen durch. Hier werden wir etwas entmutigt. Wegen des Sturms steht noch nicht fest, ob das 14-Uhr-Boot überhaupt fahren kann. Der Kapitän entscheidet erst um 13:30 Uhr.

Wir fahren erstmal in den Ort zurück und kümmern uns um unser Mittagessen. Im ersten Restaurant will man uns nur Getränke verkaufen, im zweiten bekommen wir drei vollständig ausgebratene und dementsprechend trockene Hähnchenschnitzel.

Endlich können wir zurück zum Hafen fahren. Und wir haben Glück: das 14:00 Uhr-Boot soll fahren. Wir lösen Tickets und ergattern uns auf dem Boot einen Platz in der ersten Stuhlreihe (Bild).
Unser Boot ähnelt auffällig einem umzäunten Ponton. Um 14 Uhr wird unsere Schwimmplattform hinter einen Fischkutter gespannt. Jetzt geht es endlich los. Kaum haben wir das Hafenbecken verlassen, nehmen Wind und Wellen zu. Noch hält das Schleppseil. Der Fischkutter tanzt durch die Wellen und wir hinterher. Die Überfahrt dauert knappe 90 Minuten.

Auf der Halbinsel erwartet uns eine schön angelegte Ferienanlage, die allerdings schon deutlich bessere Tage erlebt hat. Renovierungsstau ist unverkennbar. Unser Strand- und Badenachmittag fällt leider dem stürmisch, bedeckten Wetter zum Opfer (Bild). Eine Abkühlung braucht heute niemand mehr.
Dafür zwitschern hier eine Mengel Vögel herum (Bild).
Auf der Halbinsel sind wir vollständig auf die örtliche Infrastruktur angewiesen. Unser Abendessen ist nicht so schlecht wie befürchtet und vom Esstisch genießen wir einen schönen Blick aufs Wasser (Bild).
--- 15. Tag ---

Weil das erste Boot nach Jurilovca erst um 12 Uhr startet, hatten wir zuhause schon mit Google-Earth eine Alternativroute über kleinere Feldwege vorbereitet. Wir merken schnell, dass die Satellitenbilder schon ein wenig älter waren. Auf den ersten 5 km sind die Feldwege allenfalls noch als Trampelpfade zu erkennen. Wir sind froh, dass es überhaupt noch irgendwie weitergeht und kämpfen uns durch (Bild).

Zu allem Überfluss reißt noch der Bremszug meiner Vorderbremse. Bei den langsamen Geschwindigkeiten muss erstmal eine Bremse ausreichen.
Im weit verzweigten Donaudelta passieren wir einen kleinen Seitenarm (Bild). Vögel haben die bereit stehenden Ruderboote geentert.
Nach 5 km erreichen wir endlich einen befahrbaren Feldweg. Jetzt kommen wir besser voran. Landschaftlich ist es hier sehr schön und abwechslungsreich: Dünen, Schilf, Feuchtbiotope (Bild).

Plötzlich kommt uns ein Geländewagen entgegen. Ein Nationalpark-Ranger mit Begleitung. Irgendwie sind wir mit unseren Satellitenbildern unbewusst in einem Schutzgebiet des Nationalparks gelandet. Wir hören uns die mahnenden Worte des Rangers an, entschuldigen uns und können glaubhaft versichern, dass wir im Nationalpark nicht zelten. Wir haben ja auch gar kein Zelt dabei. Dann dürfen wir weiter fahren.
Einige Abschnitte des heutigen Wegs sind recht sandig (Bild). Das geht zu Lasten der Geschwindigkeit und unserer Kraftreserven.
Mit Erreichen der Nationalstraße 226 haben wir endlich wieder festen Asphalt unter den Reifen und profitieren vom aufziehenden Rückenwind. Nach einer kurzen Mittagspause reparieren wir meinen Bremszug. Immerhin erwartet uns heute noch der Großstadtverkehr von Constanta.

Zunächst geht es aber geruhsamer zu. Auf der 226 ist bis Navodari kaum Verkehr. Wir treffen mal wieder einen Fahrradfahrer, den Rentner Gerd, der in drei Monaten die Donau entlang gefahren ist und nun in den letzten 2 Wochen noch bis Odessa fahren möchte (Bild). Auch Gerd hat mit dem Gegenwind zu kämpfen. Wie allen Radfahrern überreicht Falko ihm einen Europa-Radtour Kugelschreiber.

Ab Navodari nimmt der Verkehr schlagartig zu. Wir fahren an riesigen Werksanlagen von RomPetrol entlang. Hier treffen wir auf ein französisches Pärchen auf Rädern. Die beiden sind den Eurovelo 6 gefahren und haben noch ein paar Tage zur Verfügung. Auf den letzten 10 km bis zum Hotel schlagen wir uns weiter durch den Verkehr. Der Küstenabschnitt bis Constanta ist hier bereits mit Hotels und Pensionen übersät.
Das Hotel Cherica in Constanta entpuppt sich als Glücksgriff. Endlich mal wieder ein Zimmer zum uneingeschränkten Wohlfühlen. Vor dem Abendessen gönnen wir uns noch einen kurzen Strandspaziergang. Ein Großstadtstrand ist für einen richtigen Badeurlaub allerdings nicht unbedingt geeignet. Der Sandbelag ist dürftig, trotzdem ist es recht voll und es stehen viele Strandbuden herum (Bild).

Kurz nach 19 Uhr begeben wir uns zum Abendessen ins Restaurant gegenüber dem Hotel. Auch hier sind wir rundum zufrieden.
--- 16. Tag ---

Im Hotel gibt es kein Frühstücksbuffet, dafür dürfen wir aus der Speisekarte frei wählen. Ich entscheide mich für ein Omelette und bin mit der Wahl zufrieden. Aufgrund des hohen Standards fällt uns der Abschied vom Hotel schwer (Bild).

Die ersten Kilometer fahren wir noch entspannt durch die Fußgängerzone, dann müssen wir uns unausweichlich in den Schwerverkehr begeben. Südlich von Constanta existiert nur eine Brücke über den Donau-Schwarzmeer-Kanal, so dass sämtlicher Verkehr über diese Brücke geleitet wird.
Die zur Brücke führende Schnellstraße hat einen zunehmend Autobahn ähnlichen Charakter, leider fehlt nur ein Seitenstreifen. Da hilft nur Augen zu und durch. Auf Fahrrad-Verbots-Schilder können wir jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Hinter der Brücke können wir endlich auf die ruhigere Nationalstraße 38 abbiegen.

Auf der Suche nach kleineren Nebenstraßen stranden wir in Techirghiol (Bild). Die kleinen Nebenstraßen sind auch nach mehrmaliger Nachfrage bei den Einheimischen unauffindbar, so dass wir letztlich nach 5 km Umweg wieder auf der Nationalstraße landen.
Trotz anfänglicher Probleme mit Gegenwind und leichten Anstiegen kommen wir gut voran. Bei Amzacea verlassen wir die Nationalstraße in Richtung Pecineaga. Auf der neuen Straße nimmt die Straßenqualität schnell ab. Über die Schotterpiste ist kaum noch voran zu kommen, daher kämpfen wir uns über die seitlich anschließende Ackerpiste (Bild).
Nach Pecineaga, wo wir eine kurze Mittagspause einlegen, stellen wir wieder große Differenzen zwischen unserem Kartenmaterial und der Realität fest. Den größten Teil der Strecke bis Mangalia müssen wir uns über diverse Feldwege durchschlagen (Bild).
Endlich haben wir wieder festen Asphaltunter den Rädern (Bild). Das letzte Stück bis Mangalia geht es kreuz und quer. Insgesamt drei Mal müssen wir nach der richtigen Strecke fragen.
Südlich von Mangalia müssen wir wieder eine alternativlose Brücke überqueren, so dass wir erhöhtem Verkehrsaufkommen ausgeliefert sind. Wir sind jetzt kurz vor der bulgarischen Grenze und folgen der Hauptverkehrsstraße zum Grenzübergang nach Vama Veche. Heute ist Samstag, so dass noch viele Strandbesucher unterwegs sind und sämtliche Seitenstreifen irgendwie zugeparkt sind.

Kurz vor der Grenze nimmt der Verkehr schlagartig ab. Der Grenzverkehr liegt bei nahezu Null und wir überschreiten die Grenze ohne nennenswerte Wartezeiten (Bild).

Auf bulgarischer Seite erfahren wir den Grund für das geringe Verkehrsaufkommen. Auf der Hauptverkehrsstraße besteht Vignettenpflicht, zudem gilt von nachmittags bis nachts ein LKW-Fahrverbot. Uns soll es recht sein.
Die wenigen Kilometer bis Durankulak gestalten sich für uns sehr angenehm. In Durankulak übernachten wir in einem Vogelheim, der so genannten Birding-Lodge. Im Sommer sind hier allerdings außer dem Vermieter keine Vogelfreunde anzutreffen, das Besondere an diesem Ort ist schließlich die Rothalsgans, die den Durankulak-See als Hauptüberwinterungsgebiet nutzt.

Nach einem kurzen Erkundungsspaziergang zum benachbarten See (Bild) freuen wir uns auf die im Gästebuch hochgelobte Küche der Lodge. Leider kocht die Frau des Vermieters nicht mehr selbst und dem neuen Koch fehlen noch einige Basics: das Kartoffelpürree ist auffallend kühl und das Hähnchenfilet halbroh.
--- 17. Tag ---

Auf Empfehlung des Vermieters der Lodge werfen wir unsere Planung, einen Schlenker über Nebenstraßen ins Landesinnere zu machen, über den Haufen. Diese Feldwege sollen zum Fahrrad fahren gänzlich ungeeignet sein und schließlich war die Hauptverkehrsstraße 9 gestern Abend ja auch vollständig unbefahren. Positiver Nebeneffekt ist, dass wir so auch an dem einzigen Geldautomaten der Region in Shabla vorbei kommen. Wir nutzen den Stopp dort auch für einen Besuch im Supermarkt (Bild).
Wie gestern haben wir auch heute Morgen die Straße zunächst für uns alleine, zwischen Shabla und Kavarna nimmt der Verkehr dann aber leicht zu. Für uns kein Problem, denn wir haben uns schon im Vorfeld hinter Kavarna eine Küstenstraße über Tuzlata nach Albena ausgesucht (Bild).

Problematisch ist allerdings das Aufsuchen des richtigen Abzweigs. Zwischen Straßenkarte, unseren Aufzeichnungen und den Straßenschildern vor Ort bestehen bei den Ortsbezeichnungen oftmals Unterschiede in zwei oder drei Buchstaben. Sowohl in lateinischer als auch in kyrillischer Schreibweise.

Aus Angst, die Steilküste schon einen Abzweig zu früh abzufahren (und dann den Berg wieder hoch strampeln zu müssen), verpassen wir den richtigen Abzweig und irren kurzzeitig oberhalb der Klippen umher.
Gezieltes Fragen führt uns schließlich wieder auf den richtigen Weg, wobei es gar nicht so leicht ist, eine auskunftsfreudige Person zu finden. An der Tankstelle kann man uns wegen Unkenntnis nicht weiter helfen und die dort stehenden Autofahrer kommen alle von auswärts.

Die Küstenstraße zeigt sich zunächst von ihrer besten Seite: es geht bei herrlicher Aussicht auf die Felsküste rauschend bergab (Bild).
Nach einem kleinen Anstieg und weiterer Abfahrt haben wir Meereshöhe erreicht (Bild).

Heute ist es wieder ganz schön heiß. Zum Glück entdecken wir für unsere Mittagspause in Balchik ein schattiges Plätzchen direkt am Wasser. Ich bestelle ein Schaschlik und bin überrascht über die Größe des Spießes. Lecker.
Die weitere Strecke bis Albena ist besonders schön. Im Rahmen des Küstenschutzes sind am Meeresufer erst kürzlich neue Wellenbrecher errichtet worden. Die Neubaumaßnahme ist gleichzeitig mit einem gut betonierten Fuß- und Radweg versehen worden (Bild). Erst kurz vor Albena wird die Wegqualität schlechter, über ein kurzes Stück müssen wir die Fahrräder auch tragen.

Während der Mittagspause oder beim Fahrrad tragen ist leider meine große Luftpumpe abhanden gekommen. Wir haben jetzt nur noch ein kleines und unhandliches Ersatzexemplar, auf das wir in den verbleibenden Tagen besonders gut aufpassen müssen.
Mit Albena erreichen wir das erste touristische Großzentrum mit rasterförmiger Liegen- und Schirmverteilung über die kaum mehr sichtbare Strandfläche. Kurz vor dem Ort gibt es aber auch noch ein kleines Stück freien Strand (Bild).
An der Küstenpromenade kommen wir jetzt leider nicht weiter, so dass wir zu der hinter den Hotels verlaufenden Straße umdrehen müssen. Nach der angenehmen Flachetappe kommen wir am nächsten Anstieg ganz schön ins Schwitzen. Wenigstens wird der Hauptverkehr nach Varna durchs Landesinnere geleitet, so dass wir an der Küste von allzu starkem Autoverkehr verschont bleiben. Wir erreichen das nächste Touristenziel, den Goldstrand, auf den wir von einem Hügel einen bereits ausreichenden Blick haben (Bild).

Nach Varna fahren wir weiter an der Küste. Durch Poller ist die Straße für den Durchgangsverkehr gesperrt, unser Glück. So kommen wir erst kurz vor Varna wieder ins Verkehrsgetümmel. Die letzten 7 km bis zum Zentrum müssen wir uns durchbeißen, ehe wir das Graffit Gallery Hotel erreichen.
Auch in Varna lässt es sich gut aushalten, obgleich das ein oder andere Gebäude im Zentrum noch einen Topf Farbe gebrauchen könnte. Für einen Sonntag Abend ist die Innenstadt gut besucht. Wir unternehmen einen kurzen Stadtspaziergang und lassen den Abend in einem Grillrestaurant ausklingen.

Ein Blickfang in Varna ist das 1912-1932 durch den Architekten Nikola Lazarov errichtete Dramatische Theater (Bild).
--- 18. Tag ---

Das Frühstücksbuffet im Hotel in Varna ist exzellent und wir können uns richtig gut für die vor uns liegenden Aufgaben stärken. Vor der Abfahrt bewundern wir noch die luxuriöse Ausstattung des Hotels (Bild).
Die Stadtausfahrt aus Varna führt mal wieder über zwei alternativlose Brücken nach Süden (Bild). Wir stellen uns auf starken Straßenverkehr ein und so kommt es dann auch. Eine in Google-Maps ausgewiesene Abkürzung durchs Hafengebiet scheidet leider aus, weil das Firmengelände durch ein Tor verriegelt ist.

Hinter der zweiten Brücke schließt die Hauptverkehrsstraße 9 an eine neuere Autobahn an, so dass der Weg über die alte Hauptstraße kaum befahren ist, zumindest vom Durchgangsverkehr gemieden wird. Wir haben etwa 9:30 Uhr und kämpfen mit einem kontinuierlichen Anstieg. Schnell merken wir, dass auch diese Straße nicht ganz verkehrsfrei ist. Am Straßenrand postieren sich im 500-m-Abstand gewerbliche Damen, die auf zahlende Kundschaft warten. Im Vergleich zu den jungen Damen kommen mir unsere kurzen Fahrradtrikots und -hosen wie Winterkleidung vor.

Nach etwa 15 km vereinigen sich Hauptstraße und Autobahn wieder, so dass wir mit stärkerem Straßenverkehr zu kämpfen haben. Hinter Rudnik verlassen wir die Hauptstraße und biegen rechts in Richtung Dyulino und zum gleichnamigen Pass ab. Vor uns liegen zunächst etwa 200 Höhenmeter, eine Abfahrt nach Dyulino und dann der Anstieg auf die Passhöhe mit weiteren 400 Höhenmetern.
Bei diesen Aussichten machen wir gleich hinter dem Abzweig noch eine kleine Pause. Wegen der Hitze haben wir unsere in Varna gekauften Getränkevorräte bereits deutlich dezimiert, aber wir sind frohen Mutes, in Dyulino einen Getränkeladen zu finden. Für die vereinzelt herumfliegenden Insekten machen wir den herumliegenden Unrat verantwortlich.

Frohen Mutes setzen wir uns wieder auf die Räder und beginnen mit der Bewältigung der vor uns liegenden Anstrengungen. Dabei hatten wir das größte Erschwernis noch gar nicht auf unserer Rechnung. Sobald wir den schattigen Wald erreichen entwickeln sich die bereits am Pausenplatz entdeckten Insekten zu einer unvorstellbaren Plage. Sie erreichen uns in kleinen Schwärmen und umkreisen uns dann fortlaufend weiter. Mit unserer Bergaufgeschwindigkeit können wir sie nicht abschütteln, stattdessen kommen immer neue Schwärme hinzu. Mit den Ohren nehmen wir nur noch Summ- und Surrgeräusche wahr. Für freie Sicht schlagen wir wie wild mit den Armen um uns. Auf der ersten Anhöhe möchte ich ein Foto schießen. Als Marion und Falko an mir vorbei fahren und ich den Auslöser drücken möchte, greifen deren Insektenschwärme auch auf mich über. Noch vor dem Auslösen ergreife ich die Flucht. Zum Glück geht es jetzt ein Stück weit bergab, so dass wir für ein paar Minuten Ruhe haben.

Als nächstes müssen wir unsere Hoffnung auf einen Getränkeladen in Dyulino begraben. Eine Möglichkeit Geld auszugeben ist hier nirgends zu entdecken. Nach einem Blick auf die Karte beschließen wir erstmal weiter zu fahren. Auch der nächste Ort, allerdings schon kurz vor der Passhöhe, sieht viel versprechend aus.

Am Fuß des nächsten Berges erreichen wir wieder bewaldetes Gebiet und werden anschließend von unseren Lieblingsinsekten umschwärmt. Mit langsam zur Neige gehenden Getränkevorräten quälen wir uns den Berg hoch. Der nächste Ort liegt auf einem Plateau, hier wartet die nächste Enttäuschung auf uns. Ein Geschäft zum Auffüllen unserer Getränkevorräte ist nicht vorhanden.

Jetzt müssen wir den Notfallplan auspacken und die einheimischen Hausbesitzer nach Getränken fragen. Ein älteres Ehepaar ist im Vorgarten beschäftigt, wir versuchen unser Glück. Unterstützt durch Handzeichen und Trinkgeräusche versuchen wir uns zu verständigen. Zunächst stoßen wir auf Unverständnis, erst bei unserem dritten Anlauf scheint der Mann uns zu verstehen und verschwindet kurz. Die angebotene Dose Bier hilft uns nicht weiter. Doch wir finden eine Vokabel, die wir gemeinsam verstehen: Lemon. Jetzt werden wir uns schnell einig: Wir kaufen dem Mann zwei 2,5-Liter Flaschen einheimischer Limonade ab. Langsam taut auch seine Ehefrau auf: Sie schenkt uns noch zwei Pfirsiche aus dem Garten.

Ausgedörrt setzen wir uns auf die nächste Bank (Bild). Die Limonade schmeckt grausam, aber der Durst treibt sie uns rein. Während wir so abgekämpft dasitzen und vor uns hin starren, überholt uns ein 4-Jeep-Konvoi mit Strandtouristen auf Erlebnisreise. Als diese uns sehen, haben sie ihren Spaß.
Wir fahren weiter und erreichen schließlich die Passhöhe (Bild). Von oben ergeben sich schöne Ausblicke auf das bulgarische Hinterland.
Für uns folgt noch ein angenehmer Nachmittag: es geht rasant wieder bergab, die Zeit der Anstrengung ist vorbei (Bild). Im Tal machen wir eine kurze Pause, werfen noch einen kurzen Blick auf eine Talsperre zur Versorgung der Urlaubsregion Sonnenstrand und begeben uns schließlich auf die Stichstraße zur Küste an den Sonnenstrand. Die idyllische Ruhe ist nun vorbei, auf der Stichstraße herrscht reger Verkehr. Wo kommen bloß all die Autos her?
Am Sonnenstrand treffen wir Damian und Hanna (Bild), ein junges Paar aus Australien (er) und London (sie). Ähnlich wie wir verbringen die beiden ihren Sommerurlaub auf dem Rad. Ihr längerfristiges Ziel ist, die Strecke von London nach Australien in mehreren Etappen zurückzulegen. Letztes Jahr haben die beiden schon ihre erste Etappe von London nach Bukarest bewältigt, dieses Jahr sind sie auf dem Weg von Bukarest nach Teheran unterwegs. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg.
Ich war am Sonnenstrand zuletzt als 5-Jähriger. Vor unserer Radtour hatte ich noch ein paar alte Urlaubsbilder von damals entdeckt, so dass mein Ehrgeiz geweckt war, mir die Orte von damals nochmal anzuschauen. Ein altes Holzboot am Strand war bei Google-Earth schnell ausgemacht, so dass wir es jetzt leicht wiederfinden können.

Boot und Strand haben sich stark verändert. Während das alte Holzboot so langsam vor sich hin gammelt (Bild), ist am Strand ordentlich aufgerüstet worden. Von den schicken Bars schallt Chillout-Musik über den mit Liegen und Schirmen bedeckten Strand. Die Ursprünglichkeit von damals ist unwiderruflich verloren.
Wir haben nur noch wenige Kilometer bis Nessebar vor uns. In Nessebar erwartet uns ein besonderes Stadtfest mit entsprechendem Menschenauflauf. Den Weg zum Hotel müssen wir uns "freiklingeln". Ich vermute, dass Falko seinen leider defekten AirSound 2.0 schmerzlich vermisst.

Nach dem Abendessen begeben wir uns noch auf einen kurzen Spaziergang durch den Ort. Auf einer Bühne nahe des Stadttores spielen noch diverse Bands auf. Es ist immer noch ordentlich was los im Ort. Das Mitternachtsfeuerwerk erleben wir schließlich von unserer Dachterrasse.
--- 19. Tag ---

Morgens ergreifen wir recht früh die Flucht. Weil das Hotel erst ab 8:30 Frühstück anbietet, versuchen wir unser Glück auswärts. Zwar finden wir am Ortsende von Nessebar ein Bistro mit frühstückstauglichen Speisen, doch verplempern wir hier soviel Wartezeit, dass unser Zeitgewinn nahezu aufgezehrt wird.

Gut gestärkt brechen wir auf. Die ersten Kilometer bis Ravda fahren wir noch an der Küste, dann biegen wir ins Landesinnere nach Kableshkovo ab. Bei leichtem Gegenwind fällt uns die leicht ansteigende Strecke schwerer als gedacht. An der Straßenkreuzung in Kableshkovo machen wir einen kurzen Stopp und beobachten die Arbeiter beim Straßenbau. Das Leben ist ungerecht: Während ein Arbeiter mit der Spitzhacke versucht, den alten Asphalt herauszubrechen, sind die beiden anderen mit Zuschauen und leichteren Aufräumarbeiten beschäftigt. Ob die Arbeitsaufteilung morgens ausgelost wird?

Wir biegen nun zurück an die Küste nach Burgas ab. Dabei investieren wir die gewonnenen Höhenmeter, so dass wir zügig voran kommen (Bild).
In Burgas entscheiden wir uns für die Küstenstraße und die parallel verlaufende Grünanlage. Zur Abwechslung kommen wir noch an einem Sandburgen-Festival vorbei (Bild).

Obwohl wir heute noch gar nicht so viele Kilometer geschafft haben, machen wir unsere Mittagspause in einem der vielen Park-Bistros. Das Essen ist mäßig, zum Glück habe ich nur einen kleinen Spieß bestellt.
Um Burgas verlassen zu können, müssen wir noch das Industriegebiet am Hafen passieren (Bild). Anschließend fahren wir durch die südwestliche Vorstadt, die mit ihren Hochhäusern rasch zu expandieren scheint.
Hinter dem Wohngebiet verengen sich die überdimensional breiten Straßen umgehend zu einem asphaltierten, beschaulichen Wirtschaftsweg.

Wir überqueren noch einen Talsperrendamm, den gerade einige Arbeiter von Bewuchs freischneiden (Bild). Ich zücke meinen Fotoapparat, doch mehr als ein Foto kann ich nicht schießen. Die Begeisterung darüber fotographiert zu werden, hält sich bei den Arbeitern in Grenzen.
Wir stoßen auf die nächstgrößere Autostraße 98 nach Süden und passieren Tvarditsa. Hier entdecken wir auch den direkt vor dem Geschäft endenden Zebrastreifen (Bild).

Jetzt fällt die Orientierung leicht, Primorsko ist bereits ausgeschildert.
Wir müssen nur noch einmal links abbiegen und dann geht es auf einer gut ausgebauten Straße kontinuierlich leicht bergab. So ist das Fahrrad fahren äußerst angenehm.

In Yasna Polyana kaufen wir noch Getränkenachschub und beobachten die einheimische Bevölkerung am Outdoor-Stammtisch (Bild). Täglicher Alkoholgenuss scheint hier nicht ungewöhnlich zu sein.

Am frühen Abend erreichen wir Primorsko. Trotz des auffallend günstigen Preises macht unser Zimmer einen passablen Eindruck. Wir entscheiden uns daher auch im Hotelrestaurant unser Abendessen zu verspeisen. Anschließend unternehmen wir noch einen kurzen Abstecher zum Strand.
--- 20. Tag ---

Heute haben wir deutlich über 100 km vor uns. Wir haben daher bereits gestern im Hotel darum gebeten, bereits um 7:30 Uhr frühstücken zu können. Leider klappt es nicht so wie gedacht, im Frühstücksraum können wir pünktlich um 7:30 Uhr nur drei Lunchpakete in Empfang nehmen. Weitere Frühstücksspeisen müssen wir in den örtlichen Geschäften nachkaufen.

Aus Angst vor einer erneuten Insektenplage entscheiden wir uns gegen die vorgeplante Route, welche auf Nebenwegen durch waldreiches Gebiet geführt hätte. Stattdessen fahren wir die gut ausgebaute Straße von gestern Nachmittag zurück. Dieser kleine Umweg tut zunächst nicht weh. Leider ist dann eine in unserer Karte gelb eingezeichnete Straße einfach nicht vorhanden. Wir müssen weiter der gestrigen Straße zurück ins Landesinnere folgen, es addieren sich jetzt insgesamt knapp 20 Kilometer Umweg hinzu. Uns wird klar, dass es heute ein anstrengender Tag werden wird, zumal die bulgarisch-türkische Grenze auf einer Passhöhe von etwa 700 m ü. NN liegt.

Jetzt erreichen wir erstmal die Kreuzung zur Autostraße 98, an der wir gestern abgebogen waren. Die weitere Strecke nach Malko Tarnovo, dem letzten Ort vor der türkischen Grenze ist gut ausgebaut. Dafür geht es ständig bergauf und -ab (Bild).
In Zvezdets füllen wir bereits unsere Getränkevorräte in einem Supermarkt auf. Hinter dem Ort entdecken wir eine kleine Mini-Tankstelle (Bild).
Wir kommen an mehreren Baustellen vorbei (Bild). Auch hier wirkt die Arbeit ungerecht verteilt. Vielleicht wechseln sich die Arbeiter aber auch einfach nur kontinuierlich ab, damit die Pausen nicht zu langweilig werden.

Es ist kaum Autoverkehr unterwegs, obwohl wir uns immerhin auf einer von zwei Zufahrtsstraßen zur türkischen Grenze befinden und es auch keine Alternativen zu dieser Grenze gibt.

Dann kommt mal wieder ein mit Strandtouristen gefüllter 10-Jeep-Konvoi vorbei. Die Leute haben sichtlichen Spaß, an drei mit den Steigungen kämpfenden Radfahrern vorbei zu brausen. Wahrscheinlich machen sie sich auch so ihre Gedanken zu unserer Art der Urlaubsgestaltung.
Bis Malko Tarnovo haben wir schon knapp 80 km geschafft. In einem Verkaufsladen mit Picknick- bzw. Biertischen davor geben wir unser letztes bulgarisches Geld fürs Mittagessen aus.

Die Stadt macht einen recht ausgestorbenen Eindruck, wahrscheinlich sind im Somerhalbjahr viele Einwohner im Tourismusgeschäft an der Schwarzmeerküste beschäftigt. Andererseits wirken die Wohnsilos hier auch nicht wirklich ansprechend (Bild). Wahrscheinlich hat die Stadt, immerhin weniger als 10 km vor der einzigen Grenze zur Türkei gelegen, schon bessere Tage erlebt.
Die letzten Kilometer bis zur Grenze (Bild) haben es in sich, die Straße schraubt sich zur Passhöhe hoch. Auch hier herrscht nahezu kein Verkehr, nur ein oder zwei Touristenautos überholen uns. Allerdings macht die altgediente und sanierungsbedürftige Straße den Eindruck, als wenn hier früher auch mal so etwas wie Grenzverkehr stattgefunden hätte. Dafür spricht auch ein mittlerweile verfallenes Hotel am Straßenrand. Ist der Außenhandel zwischen der Türkei und Bulgarien vollständig zum Erliegen gekommen oder erfolgt der Warentransport mittlerweile einfach nur über das Schwarze Meer?
Die Grenze zur Türkei passieren wir problemlos. Eine Überraschung erwartet uns dann auf türkischer Seite: ein großes Schild weist auf den mit EU-Mitteln finanzierten autobahnähnlichen Ausbau der Grenzstraße auf türkischer Seite hin (Bild). Wir fragen uns, wie die Schlaglochpiste auf bulgarischer Seite mit dem Autobahnausbau auf türkischer Seite zusammen passen kann, zumal ja eben nicht die Türkei sondern Bulgarien in der EU ist. Inhaltliche Begründungen drängen sich nicht auf, wahrscheinlich ein Politikum.
Von der Passhöhe fahren wir bis auf drei kleinere Anstiege nur noch bergab nach Kirklareli. Auf dem nagelneuen Asphalt kommen wir zügig voran (Bild). Naja, so haben sich der Straßenausbau und die verschwendeten EU-Millionen wenigstens für uns gelohnt. Autos sind weiterhin Fehlanzeige. Auf den etwa 40 km, die wir auf der neuen D555 fahren, sehen wir bis kurz vor Kirklareli höchstens vier Fahrzeuge. Einer davon ist ein Deutsch-Türke, der freudestrahlend anhält als er uns erblickt. Er nutzt die Straße um seinem minderjährigen Neffen das Autofahren beizubringen. Vielleicht ist die Straße ja doch nicht so ganz nutzlos.

Gegen 21 Uhr erreichen wir unser Hotel in Kirklareli. Wir gehören zu den wenigen Gästen, das Hotel wird gerade renoviert. Im Treppenhaus stehen Farbtöpfe und Tapetenrollen, unsere frisch lackierte Badezimmertür muss noch eingehängt werden. Wir nehmen es mit Humor. Auf der Dachtetage des Hotels bekommen wir noch das Abendmenü: Vorsuppe und Hähnchen mit Reis.
--- 21. Tag ---

Die heutige Etappe ist vergleichsweise unspektakulär. Die Strecke führt fast den ganzen Tag an der Hauptverkehrsstraße D020 entlang, nur die letzten 25 km ab Saray müssen wir auf die D567 wechseln. Bevor es los geht, müssen wir noch durch Kirklareli (Bild) und kaufen dort genügend Getränke ein.
Auf den ersten 20 km ist die Straße ähnlich gut ausgebaut wie gestern. Wir passieren mehrere militärische Einrichtungen und einige mittelgroße Städte. Nach der vorerst letzten Militäreinrichtung endet der Straßenausbau. Jetzt hoppeln wir über den Straßenrand und müssen uns vom Auto- und LKW-Verkehr überholen lassen (Bild).
In jedem Ort ist mindestens eine große türkische Flagge an zentraler Stelle gehisst (Bild). Für uns ein ungewohntes Bild.

Unser einziges Problem ist heute der Ramadan. Da die gläubigen Türken vor Sonnenuntergang nichts essen dürfen, finden wir keine Essensgelegenheit, bei der wir nicht die einzigen Gäste wären.
Wir entscheiden uns schließlich für einen kleinen Supermarkt und schlagen unser Lager an einem abgeschiedenen Rastplatz hinter einer Tankstelle auf (Bild). Nach drei Wochen kommen wir langsam an einen Punkt, an dem Weißbrot mit Käse nicht mehr zu unserem bevorzugten Mittagessen zählt.
Anschließend begeben wir uns wieder in den Straßenverkehr (Bild). In Richtung Cerkezköy nimmt der Verkehr nochmals zu, aber wir schlagen uns tapfer. Gegen Nachmittag erreichen wir unser Ziel.

Das Hotel Golden Palas in Cerkezköy macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck, es ist schließlich auch erst 7 Monate in Betrieb. Erst bei genauerem Hinsehen zeigen sich einige handwerkliche Ausführungsmängel wie unsauber geschnittene Teppichkanten oder schlecht verklebte Holzkanten.
Etwas gravierender ist das Feuchteproblem im riesengroßen Schwimmbadbereich. Hier löst sich schon die erste Farbe und an den schlecht entfeuchteten Wandflächen kann man den zukünftigen Schimmelbelag schon erahnen.

Aber noch ist das 4-Sterne-Hotel wirklich erste Wahl. Zeitig begeben wir uns zum Abendessen auf die Dachetage, genießen den weiten Ausblick und haben anschließend noch genügend Zeit für einen ausgiebigen Besuch des Wellnessbereichs (Bild).
--- 22. Tag ---

Heute ist der navigationstechnisch anspruchvollste Tag. Nach einem kurzen Stück über eine der großen Ausfallstraßen aus Cerkezköy begeben wir uns in ein Dickicht von asphaltierten Wirtschaftswegen und weniger gut ausgebauten Feldwegen, in dem wir im Schnitt alle 5 km irgendwo abbiegen müssen (Bild).
Das klappt in den ersten Stunden auch prima. Wir fahren durch kleinere Ortschaften, genießen Ruhe sowie Landschaft und kommen gut voran (Bild).
Irgendwann erreichen wir eine gut asphaltierte und leicht bergab führende Straße von der wir uns nicht trennen können, als hinter einem Bahnübergang rechts eine Schotterpiste abgeht. Wir fahren daher weiter (Bild) und werden erst unsicher, als wir uns immer weiter von der Bahnlinie entfernen.

Leider führt uns eine zwar schöne, dafür aber falsche Strecke nicht zum Ziel. Wir drehen daher um, ärgern uns über 6 km Umweg und biegen im zweiten Anlauf doch auf die Schotterpiste ab. Jetzt wird es zwar etwas holpriger, aber die Strecke macht weiterhin Spaß.
Uns ist klar, dass die Stadteinfahrt nach Istanbul nicht so angenehm bleiben wird und tatsächlich finden wir uns zwischen Subasi und Catalca plötzlich im dichten Verkehrsgetümmel wieder. Viel Straßenverkehr sind wir ja gewohnt, doch leider wird diese zweispurige Straße gerade groß ausgebaut, so dass wir uns durch die enge Baustelle zwischen Absperrbaken und Autoverkehr durchschlängeln müssen (Bild).
Am frühen Nachmittag erreichen wir das Marmarameer bei Büyükcekmece.

Zunächst fahren wir über eine historische Brücke (Bild) um einen Seitenarm des Meeres zu überqueren, dann erreichen wir die Küste.
So kurz vor dem Wochenende herrscht hier bei dem tollen Wetter natürlich ein ziemlicher Andrang. Und das obwohl es hier außer einer Betonpromenade kaum Sandstrand gibt.

Nach dem Stress auf den letzten Kilometern tut die ruhige Strecke an der Küstenlinie jetzt richtig gut (Bild).

Leider bleibt es nicht so schön. Die Küstenpromenade endet hinter der nächsten Bucht und wir müssen uns wieder landeinwärts und bergauf orientieren. Letztlich landen wir für ein kurzes Stück auf der D100, einer der großen Einfallstraßen nach Istanbul.
Doch das Getümmel ist schnell vorüber, wir finden einen Weg zurück an die Küste.

Irgendwie haben wir das Ortseingangsschild von Istanbul für einen Fotostopp verpasst. Doch wir entdecken einen großen Steinblock, mit dem wir das Zielortfoto nachholen können (Bild).
Zwischen Küstenstraße und Meer führt jetzt auch ein Radweg entlang, so dass wir etwas entspannter weiterfahren können. In der Abendsonne hinterlässt die Küstenlinie einen malerischen Eindruck. Doch so schön bleibt es nicht.

Bei Kilometer 131 erreichen wir endlich das Hotel, zumindest theoretisch. Leider liegt es nämlich auf der anderen Seite der mittlerweile vierspurigen Küstenstraße und die beiden Straßenhälften werden durch Leitplanken voneinander getrennt. Ein Heben der Fahrräder über die Leitplanke ist bei dem Verkehr schlichtweg nicht möglich. Uns bleibt nichts anderes übrig, als weiterzufahren und nach 2 km die erste Fußgängerbrücke zum Seitenwechsel zu nutzen. Auf der neuen Seite gibt es interessanterweise weder Fahrrad- noch Fußweg. Das Novotel in Istanbul ist also nur mit dem Auto zu erreichen bzw. auch wieder zu verlassen. Die letzten 2 km überstehen wir schadlos im Verkehrsgetümmel und stellen endlich bei Kilometer 135 die Fahrräder in die Hoteltiefgarage.
--- Ruhetag in Istanbul ---

Nach den Anstrengungen der letzten drei Wochen fällt es mir schwer, Marion und Falko noch zu einer ausgiebigen Stadtbesichtigung zu motivieren. Während Marion sich im Hotel noch eine ausgiebige Massage gönnt, genießt Falko lieber den Poolbereich. So mache ich mich alleine auf den Weg zu den Sehenswürdigkeiten und wir verabreden uns gegen 16 Uhr vor der Blauen Moschee.

Ich beginne meinen kleinen Rundgang an der Hagia Sophia (Bild).
Der Innenraum der Hagia Sophia.
Blick auf den Galata Tower.
Angler auf der Galata Brücke mit Aussicht auf die Brücke über den Bosporus.
Einkaufsstraße bei Taksim mit touristischer Straßenbahn.

Das obligatorische Abschiedsessen verspeisen wir in einem nagelneuen Hotel in unmittelbarer Nähe zur Hagia Sophia. Entgegen so manchem Vorjahr ist das Abschiedsessen dieses Jahr auch wirklich gut. Anschließend begeben wir uns noch auf einen kurzen Spaziergang. Mittlerweile ist der Sonnenuntergang auch vorüber und die gläubigen Türken dürfen endlich etwas essen. Am Samstag Abend hat das gemeinsame Fastenbrechen einen Volksfest ähnlichen Charakter. Parkanlagen und Freiflächen sind übersät mit Picknickdecken und -tischen. Die Stimmung ist großartig.

--- Abreisetag ---

Heute Morgen begeben wir uns zu unserer letzten Fahrt in diesem Urlaub. Es sind noch gut 10 km bis zum Flughafen zu fahren, größtenteils auf der Küstenstraße und dem Flughafenzubringer. Wegen der frühen Uhrzeit und weil heute Sonntag ist, ist die Fahrt allerdings weniger Nerven aufreibend als zunächst befürchtet.

Am Flughafen haben wir noch richtig viel Zeit, auch deshalb, weil wir unterwegs keine Frühstücksgelegenheit gefunden haben und unsere letzten Lira nun hier ausgeben müssen.

Ansonsten klappt alles prima. Unsere Räder werden anstandslos ins Flugzeug gepackt und kommen ohne gravierende Schäden in Frankfurt an. Sieht man mal von neuen Lackschrammen ab. In Frankfurt wartet noch eine regelrechte Knochenarbeit auf uns: Luft aufpumpen mit einer halbdefekten Minipumpe.

Für die Zugfahrt von Frankfurt nach Bochum habe ich einen ausreichenden Zeitpuffer für Flugverspätungen eingeplant. Leider läuft es wieder genau anders herum: Der Flug ist nahezu pünktlich, aber der Zug hat 90 Minuten Verspätung. Vielleicht sollte ich das nächste Mal wenn die Maschine wieder um 17 Uhr landet, einen Zug für 16:45 Uhr reservieren.

seit 25.03.1999
Letzte Änderung: 26.06.2013